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Landtagsbesuch Plötzkyer haben eine Mission

Jugendliche aus Plötzky besuchen den Magdeburger Landtag - und stellen unangenehme Fragen.

Von Massimo Rogacki 28.12.2016, 03:00

Magdeburg l Eines muss man Bastian Gente lassen. Auf den Mund gefallen ist der Neuntklässler aus Plötzky nicht. „Können Sie nicht etwas für den geschlossenen Jugendclub in Plötzky tun?", will der 15-Jährige von der Abgeordneten Silke Schindler wissen.

In einem Beratungsraum des Magdeburger Landtages hat die SPD-Politikerin soeben vor der Schülergruppe Platz genommen, um vom Landtag und von ihrer eigenen Arbeit zu berichten. Dass ihr Gegenüber so schnell auf den Punkt kommt, erlebt die erfahrene Abgeordnete nicht jeden Tag. Kann sie den Jugendlichen aus Plötzky behilflich sein?

Doch der Reihe nach: Bastian Gente hat sich mit anderen Jugendlichen aus Plötzky auf den Weg nach Magdeburg gemacht. Wie die Gruppe besuchen 13 000 Menschen jedes Jahr den Landtag. Darunter Schüler und Erwachsenengruppen. Auf dem Programm der Plötzkyer stehen eine Besichtigung und das Gespräch mit einem Abgeordneten.

Den Ausflug koordiniert hat der Verein Rückenwind. Deshalb mit dabei: Thomas Sommer, der mobile Landjugendpfleger des Vereins. Dass sich Plötzkys Ortsbürgermeister Martin Kütz unter die Gruppe gemischt hat, hat auch einen Grund. Seitdem der Jugendclub in Plötzky in diesem Jahr aus finanziellen und organisatorischen Gründen dichtmachen musste, suchen die Plötzkyer nach einer Lösung.

„Wir wollen alles daran setzen, dass zukünftig wieder ein- bis zweimal die Woche geöffnet wird“, sagt Martin Kütz. Das soll gelingen, indem Eltern und Ehrenämtler die Aufsicht übernehmen und perspektivisch die Voraussetzungen für ein weiteres Rückenwind-Engagement geschaffen werden.Die Fahrt nach Magdeburg ist nur ein Anfang. „Wir wollen mehr zusammen machen und die Jugendarbeit in Plötzky wieder flott bekommen“, so der Plan des Ortsbürgermeisters.

Unter den neun teilnehmenden Jugendlichen haben einige bereits Landtagserfahrung: „Wir waren erst in der letzten Woche mit unserer Klasse hier“, erzählt Bastian Gente. Maria Fresdorf (15) guckt sich das Parlament hingegen zum ersten Mal an. „Ich finde es gut, den Landtag mal von innen zu sehen“, sagt die Schülerin.

Von der Geschichte des Gebäudes am Magdeburger Domplatz berichtet Ulrich Grimm. „Früher war hier die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft. Seit 1991 tagt hier der Landtag“, erklärt der Referent für Öffentlichkeitsarbeit. Ein Rundgang folgt. Im ersten Stock hängen Bilder von den bisherigen Landtagspräsidenten. Welche Parteien sitzen denn im Landtag, will Grimm von den Jugendlichen wissen. Nach kurzer Anlaufzeit sind die Bestandteile der „Kenia-Koalition“ aufgedröselt, die Fünf-Prozent-Hürde erklärt und eine Sachsen-Anhalt-Karte ins rechte Licht gerückt. „Nicht verwirren lassen. Das ist eine alte Karte mit den Landesgrenzen von 1947“, erklärt Grimm.

Spätestens im Plenarsaal wird das Politikgeschehen richtig greifbar. Auch wenn so kurz vor Weihnachten keine Sitzung mehr stattfindet, lernen die Schüler anhand der Anordnung der Blöcke, wo die Fraktionen sitzen – und wie sie zueinander stehen. Bastian Gente weiß mal wieder bestens Bescheid, schließlich hat er erst vor einigen Tagen den Landtag inspiziert. Kurz darauf muss die Abordnung aus Plötzky schon in ein Besprechungszimmer eilen. Eigentlich sollte dort der SPD-Vorsitzende Burkhard Lischka, der für den Wahlkreis 69 (und damit für Schönebeck) zuständig ist, warten. Doch der Anschlag in Berlin fordert Tribut. Der innenpolitische Sprecher der SPD weilt in der Bundeshauptstadt.

Sein „Ersatz“ ist nicht minder kompetent. Silke Schindler sitzt in der dritten Legislaturperiode im Landtag. Sie kennt die Institution und deren Arbeit wie ihre Westentasche. Dass Bastian sich möglichst bald mit seinen Freunden in Plötzky wieder im Club treffen möchte, kann die 54-jährige Politikerin gut verstehen. Doch: Jugendarbeit sei eine sogenannte freiwillige Aufgabe, erläutert sie. Politiker müssten sicherstellen, dass etwa auch Sportplätze unterhalten würden und der Weg zur Trauerhalle keine Löcher hat. Das alles gehöre zu den freiwilligen Aufgaben. Die Politik müsse leider stets abwägen. Bastian ist schlagfertig. Er schlägt vor, etwas von den Finanzmitteln für Radwege abzuzwacken. Das sei nicht einfach, entgegnet Schindler. Auch Plötzky profitiere vom Tourismus, etwa vom Elberadweg.

Wie immer, so auch in dieser Frage, gilt: Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Eines haben Bastian und die Jugendlichen aus Plötzky erreicht. Silke Schindler verspricht, das Thema in ihre Fraktion „mitzunehmen“. „Mal gucken, wie es jetzt weitergeht“, sagt Bastian Gente. Eines ist sicher: Die Jugendlichen aus Plötzky wollen hartnäckig bleiben.