1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. „Prinzeßchen“ ist Barbys Zierde

Mauertürmchen „Prinzeßchen“ ist Barbys Zierde

Was ihren Zustand betrifft, erleben historische Bauwerke bauliche Höhen und Tiefen. So auch das „Prinzeßchen“ Barby.

Von Thomas Linßner 08.10.2015, 17:26

Barby l Die Gründung des Mauertürmchens geschah aus militärischen Gründen. Seit dem 13. Jahrhundert befindet es sich an einem Knick der Burgmauer. Die Wachposten hatten von dort aus einen weiten Blick in östliche und nördliche Richtung. Eine Darstellung aus dem Dreißigjährigen Krieg zeigt es als schlichten Turm mit Spitzdach.

Als man vor Jahren zur Sanierung der Stadtmauer eine Tiefgrabung bis zur Gründung des Gebäudes machte, entdeckte man Balkenfundamente. Wie einst üblich, wurden größere Bauwerke wegen des weichen Untergrundes auf dicken Eichenpfählen gegründet. Diese sollten 2003 auf ihr Alter untersucht werden. Es zeigte sich aber, dass die eingesandten Holzstücke zu klein, also die Jahresring-Bestimmung nicht möglich war. Damit wurde leider eine Chance vergeben, das genaue Alter des historischen Bauwerks zu bestimmen.

Eine Abbildung aus dem Jahre 1760 zeigt, das aus dem runden Mauerturm ein architektonisch ansprechendes „Lust­türmchen“ geworden war.

Zwischen 1789 und 1808 richteten die Brüder des Herrnhuter Pädagogikums eine Sternwarte ein. Der besseren Beobachtung wegen wurde die barocke Haube (so, wie wir sie heute kennen) abgebaut und eingelagert. Abbildungen aus jener Zeit zeigen es ohne Dach. Nach Abzug der Herrnhuter muss die Dachkonstruktion wieder ausgelagert und aufgebaut worden sein.

Am 12. September 1801 erwarb Johann Gottfried Dietze durch Pacht die Domäne Barby, welche bis dahin die Herrnhuter innegehabt hatten. Dazu gehörte auch das „Prinzeßchen“. 1945 wurde das Mauertürmchen konfisziert und die Familie von Dietze widerrechtlich enteignet. In jenem Jahr begann eine schlechte Zeit für das Bauwerk. Fenster und Dielung wurden herausgerissen, weil man „Schätze“ darunter vermutete. Das Gebäude stand nun auf dem Gelände einer sowjetischen Einheit, die bis 1959 das Schloss als Kaserne nutzte.

Kurz vor der Tausendjahrfeier 1961 machte sich der damals 26-jährige Günter Zenker für eine Sanierung stark. Vom Rat der Stadt nach Kräften unterstützt (Bürgermeisterin war Maria Nebel, Stadträtin für Kultur Annemarie Müller) wurde wieder ein Vorzeigeobjekt daraus.

In den 60er Jahren waren es ausschließlich heimatgeschichtliche Ausstellungen, die vom pensionierten Justizoberinspektor Fritz Schulz betreut wurden.

Die große Galeriezeit begann Mitte der 70er Jahre unter den Fittichen des Kulturbundes. Zenker lud zum Teil namhafte in- und ausländische Gegenwartskünstler ein, die dort ausstellten. Besondere Aufmerksamkeit erregte später dann wieder eine historische Ausstellung. Zenker war es gelungen, Zeichnungen von Carl Spielwerg in Herrnhut ausfindig zu machen. Der Theologiestudent des Barbyer Pädagogikums zeichnete von 1797 bis 1804 Stadt und Umfeld.

Mitte der 90er Jahre zeichneten sich erneut erheblich bauliche Mängel ab, die in einer Generalsanierung 2001 behoben wurden. Seitdem ist das „Prinzeßchen“ wieder Galerie. Und wieder kümmert sich Günter Zenker zusammen mit seiner Tochter Katharina darum, die den Kunsthof Augustusgabe leitet.

Wer mehr über die Geschichte des Gebäudes wissen möchte, trifft Günter Zenker dort zu den Öffnungszeiten an den Wochenenden an.

 

„Galerie im Prinzeßchen“, Sonnabend 16 bis 17 Uhr und Sonntag von 10 bis 12 Uhr. Auf Anmeldung (03 92 98) 6 85 10