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Musik Ein Plädoyer fürs Ehrenamt

Der 76-jährige Hans-Christoph Flade fährt dreimal pro Woche nach Gnadau mit dem Zug, um mit Bewohnern des Altenheims zu singen.

Von Thomas Linßner 30.11.2016, 20:04

Gnadau l „Eigentlich wollte ich nur darauf aufmerksam machen, dass es heute das hundertste Mal ist, dass wir zusammen singen“, sagt Hans-Christoph Flade etwas verwundert über den „großen Bahnhof“. Die Knirpse der christlichen Kindertagesstätte singen für ihn, Leiterin Santa-Maria Schäfer schenkt ihm eine Grünpflanze mit einer silbernen Note obendrauf, Verwaltungschef Jens Schulz spielt Gitarre. „Wir möchten uns für Ihr ehrenamtliches Engagement herzlich bedanken“, erklärt Jens Schulz danach die Überraschung.

Dreimal in der Woche fährt Hans-Christoph Flade mit dem Zug von Magdeburg nach Gnadau, um mit den Bewohnern des Altenheims zu singen. Der 76-Jährige sitzt dort seit zwei Jahren am Klavier. Meist sind es Volkslieder, die eine schöne Abwechslung in den Alltag der alten Menschen bringen und die sie an ihre Jugend erinnern. Wo noch viel gesungen wurde, in Ermangelung von „elektronischen Zerstreuungen“, die heute omnipräsent sind.

„Früher wurde jeden Tag in unserer Schule ein Volkslied gesungen, und wir Kinder sangen eifrig mit“, erzählt ein 80-jähriger Heimbewohner. „Ich denke noch gerne an meine Schulzeit zurück, die nicht rosig war, aber bei jedem Schulausflug sangen wir Volkslieder.“ Diese Haltung vertreten die meisten anderen alten Menschen.

Hans-Christoph Flade kann mit seinen 76 Jahren diese Worte verstehen. Deshalb kommt er regelmäßig nach Gnadau. Und er weiß, dass Bewohner von Altenheimen für jede Abwechslung dankbar sind. Flade war selbst Heimleiter im kirchlichen Dienst.

Wie Jens Schulz sagt, sei der aus Pommern stammende Flade ein Musterbeispiel des Ehrenamtes. Er singt nicht nur mit den Bewohnern, sondern half auch aus, wenn im (ehrenamtlich) betriebenen „Gnadauer Landen“ das Personal knapp wurde.

Der 76-Jährige möchte auch andere Menschen ermuntern, sich für die Gemeinschaft einzubringen. Die Idee: Man trägt sich in eine Liste ein, wo nach Bedarf auf den Freiwilligen zugegriffen werden kann. Zum Beispiel als Begleiter bei Arztbesuchen oder Spaziergängen.

Um noch einmal auf das deutsche Volkslied und dessen Popularität in heutiger Zeit zurückzukommen: Als die Kita-Leiterin dem Geehrten zum hundertsten Auftritt gratuliert, hält der nicht hinter dem Berg: „Wäre schön, wenn Sie und Ihre Kinder auch mal mitsingen würden.“

Doch dass, so die Erzieherin, sei ziemlich ausgeschlossen. Heute hätten die Kinder andere Lieder ...