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Naturschutz Aus „Ih!“ wird „Oh!“

Zur letzten Führung 2015 durch die Nachtigallenoase hat der Naturschutzbund Schönebeck am Sonnabend eingeladen.

Von Ulrich Meinhard 10.10.2015, 19:00

Schönebeck l Üppig gedeckt ist der Tisch der Natur. Wer erfahren will, was an den vielen Pflanzen alles essbar oder sogar heilkräftig ist, der muss nur Karlheinz Schuppe zuhören. Etwa dann, wenn der Mann vom Naturschutzbund (Nabu) durch die Nachtigallenoase an der Schönebecker Chausseestraße führt. Das geschieht von Mai bis Mitte Oktober jeden ersten Sonnabend im Monat. Am Sonnabend gab es die letzte Oasen-Führung in diesem Jahr. Und ja, Schuppe wartete wieder mit allerlei interessanten Geschichten und Hinweisen auf.

Eine seiner ganz engen Freundinnen aus dem großen Reich der Pflanzen ist die durchwachsende Silphie. Eine mehrjährige Pflanze, die bis zu drei Meter groß werden kann. Eine Schönheit durchaus auch, denn ihre Blüten erinnern an die der Margeriten, nur dass sie gelb sind. Die Silphie ist genügsam, muss nicht großartig bemuttert werden und kann auch als Hecke herhalten.

„Wir vermehren die Samen und bieten auch Jungpflanzen an“, antwortet Schuppe auf die Frage, wo die Silphie denn bei Interesse zu erstehen ist. Als Energielieferant lässt sich der Korbblütler mit dem eigenartig vierkantigen Stängel auch noch nutzen, ähnlich wie Mais. Eine hiesiger Landwirt, sagt der Nabu-Experte, habe bereits Interesse angemeldet. Außerdem ist sie Nahrungsquelle für Insekten, wie Bienen und Hummeln. Extra für die dicken Hummeln, die eigentlich gar nicht fliegen können und es trotzdem tun, haben die Nabu-Leute eine Wildwiese angelegt mit Klee, Gundermann, Brennesseln und anderen vom Menschen eher hochnäsig verachteten Pflanzen. Damit die Insekten bereits im zeitigen Frühling Nektar finden, haben die Nabu-Leute am Sonnabend 2000 Krokusszwiebeln gepflanzt. „Das ist unsere Einladung an die Hummeln“, umschreibt Schuppe den Arbeitseinsatz fast schon poetisch.

Plaudernd geht er durch das Grün des Gartens und hat schwupps hier ein Blättchen vom Rettich und schwupps da einige Senfkörner in der Hand, die er den Gästen unter die Nasen hält. Oder eine Borretschblüte. Oder eine Handvoll Sonnenblumenkerne. Das eine würzig und hervorragend geeignet für die Küche, das andere eine gesunde Knabberei und alles essbar natürlich.

Einen „dynamischen Prozess“ nennt Schuppe das, was in dem einstigen Kleingarten quasi von selbst geschieht. Vögel suchen als Nahrung Insekten, Insekten suchen Blüten: Das sei das „Nutzungssystem“ in der Nachtigallenoase. „Die wiederum uns Menschen zur Umweltbildung dient“, meint Schuppe. Ein Angebot, dass gern von Kitas und Schulen angenommen wird. „Ideal wären Gruppen von fünf, sechs Kindern“, findet der Naturschützer. So könne individuell auf jedes Kind eingegangen werden, etwa bei der Pflanzenkunde. Aus so manchem anfänglichen „Ihh, was ist das denn?“ werde ein „Oh, dass muss meine Mutti auch mal machen“, weiß Schuppe aus Erfahrung. „Ich sage immer, dass die Kinder nur Butterstullen mitzubringen brauchen. Alles andere haben wir hier.“