Pilgerweg Zu Fuß und kein Fremder

Die beiden Österreicher Johannes Aschauer und Otto Klär berichteten in Schönebeck über den Pilgerweg. Der führte sie bis nach Jerusalem.

Von Ulrich Meinhard 02.03.2017, 17:37

Schönebeck l „Alle Menschen sind über das Herz miteinander verbunden.“ Sätze dieser Art hat Johannes Aschauer einige in petto. Etwa auch diesen hier: „Nur wer aufbricht, kann ankommen.“ Aufgebrochen ist der Österreicher schon mehrfach in seinem Leben. Etwa nach Santiago de Compostella. Das war 2003. Der Aufbruch zum größten Abenteuer seines Lebens geschah im Juni 2010. Gemeinsam mit seinen Landsleuten David Zwilling und Otto Klär machte sich der Gendarm und bekennende Christ aus Oberösterreich auf die Pilgerreise nach Jerusalem. Ein halbes Jahr war das Trio auf Schusters Rappen unterwegs. Zehn Länder haben die drei Männer durchquert, haben tapfer die bis zu 20 Kilogramm schweren Rücksäcke er- und getragen, Temperaturen von über 40 Grad im Schatten getrotzt, körperliche und mentale Probleme überwunden, Streit untereinander schlichten können – um was in alles in der Welt aus dieser Strapaze in den Alltag mitzunehmen? „Gottvertrauen. Vor allem Gottvertrauen“, versichert Otto Klär. Denn pilgern heiße, weggehen von zu Hause, alles mit sich zu tragen, was nötig ist, nicht wissen, wo der Schlafplatz sein wird. Es bedeute, sich dem Tag zu überantworten und ganz fest zu glauben, dass alles gut wird. Ganz egal, was passiert.

Klär und Aschauer sind nach Schönebeck gekommen, um über ihre Pilgerreise nach Jerusalem zu sprechen. Sie haben einen Beamer aufgebaut , lassen Filmmaterial ablaufen und kommentieren die Szenen. Der Dritte im Bunde ist an diesem Abend verhindert. Die beiden schaffen es auch ohne David Zwilling – und doch fehlt er. Immer, wenn es im Laufe des Berichtens kurz stockt, zeigt sich, da hätte Zwilling seinen Part gehabt. Aschauer füllt die Lücke.

Das Publikum sieht sich einer Fülle von Informationen und Eindrücken gegenüber, die erstaunen lassen, anrühren, nachdenklich und auch fröhlich stimmen. Etwa die Geschichte von „Blacky“. Der zutrauliche Straßenhund schloss sich den Pilgern an, ging mehrere hundert Kilometer mit ihnen, bis er sich wieder einer anderen Gruppe von Straßenhunden anschloss. Dass seine Artgenossen auch gefährlich werden können, erlebte Otto Klär im Taurusgebirge in der Türkei. Wären ihm seine Kameraden nicht zu Hilfe geeilt, hätte seine Begegnung mit halbwilden und wohl auch halbverhungerten Hunden für ihn tragisch enden können. Was die drei Österreicher aber vor allem erlebten, war eine große Gastfreundschaft allerorten. Manchmal kam ein ganzes Dorf zusammen für ein Foto mit den durchziehenden Ausländern. Oft gab es Einladungen zum Teetrinken, zum Essen, zur Hausbesichtigung. In Mazedonien hielt sogar ein Lokführer seinen Güterzug an, um die Drei ein Stück weit mitzunehmen. Der Film zeigt fröhliche, freundliche Gesichter, lachende Kinder, winkende alte Männer auf klapprigen Eselskarren. Zutiefst nachdenklich stimmen die Bilder aus Aleppo. Damals, 2010, herrschte noch Frieden in Syrien. Die Straßen sind voller Leben. In Damaskus spielen Kinder vor der Umayyaden-Moschee. Sie ist – war – eine Pilgerstätte von Christen und Moslems, denn hier soll sich das Grab von Johannes dem Täufer befinden, der in beiden Religionen als ein Prophet gilt.

Überhaupt treffen die drei Österreicher immer wieder auf heilige Stätten, laufen auf altem Straßenpflaster, auf dem einst der Apostel Paulus ging. Und tatsächlich treffen die drei Pilger, wie erhofft, am Heiligen Abend in Bethlehem ein. Zwei Tage später endet für sie in Jerusalem der Pilgerweg. „Das war unbeschreiblich. Ich krieg noch jetzt eine Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagt Otto Klär, der inzwischen pensionierte Zöllner.

Seit jenem Tag haben die drei Österreicher mehr als hundertmal in Städten in der Schweiz, Deutschland und in ihrer Heimat über das Abenteuer ihres Lebens berichtet. Im Wiener Stephansdom kamen zu ihrem Vortrag rund 2000 Menschen zusammen, darunter viele Prominente aus Politik und Gesellschaft. In Schönebeck sind es an diesem Abend etwas weniger Gäste, 80 knapp. Einige kommen extra aus Halle oder Blankenburg, ein junger Mann ist aus Erfurt angereist.

„Das war kein Spaziergang“, fasst Johannes Aschauer ein außergewöhnliches halbes Jahr zusammen. Auf so einem Weg sei jeder für sich mit seinen Lebensthemen konfrontiert. Aber wer zu Fuß unterwegs ist, sei nirgendwo ein Fremder. Er hat ein Buch über diesen Pilgerweg geschrieben, sogar Papst Franziskus hat sich ein Exemplar von ihm geben lassen. Die Anstrengung des Schreibens sei größer gewesen als die für den Weg, bilanziert Aschauer. Er ist überzeugt: „Jerusalem ist der gordische Knoten für den Weltfrieden.“ Wird Friede im Heiligen Land, wird Friede auf Erden. Deshalb, wünscht er sich, soll der Jerusalemweg der neue Jakobsweg werden. Denn in Spanien sei schließlich Frieden. Nur um Syrien müsse der Pilger einen Umweg machen. „So lange, bis dort endlich Frieden herrscht.“

 

Informationen im Internet gibt es unter

www.jerusalemweg.de.