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PolizeiFilmreife Verfolgungsjagd durch Gnadau

Eine Verfolgungsjagd hat für einige Aufregung gesorgt. Ein Polizeiwagen raste durch Barbys Straßen, um einen flüchtigen Fahrer zu stellen.

Von Thomas Linßner 08.06.2017, 17:16

Barby/Gnadau/Schönebeck l Oberkommissar Lutz Maser und sein Kollege Kommissar Bernhard Wessner fahren am frühen Abend die Magdeburger Straße entlang in Richtung Innenstadt. Es ist ein schöner Frühsommerabend, die Männer haben gleich Feierabend. In Höhe des NP-Marktes kommt ihnen ein schwarzer Daimler Benz entgegen, dessen Fahrer nicht angegurtet ist. Na gut, den werden wir noch zur Ordnung rufen, denken die Beiden. Sie wenden ihren Streifenwagen und fahren dem Mann hinterher, um ihn zu stoppen. Doch der kriegt die polizeiliche Präsenz sofort spitz und beschleunigt. Was sich dann abspielt, kennt man aus Filmen. In Höhe „Seepark“, also rund 300 Meter hinter dem Ortsausgangsschild, hat der Benz bereits 160 Sachen drauf. Schneller kann er kaum werden, weil die Straße am Wespener Kreuz kurvig wird. Die Barbyer Polizisten kleben ihm am Heck. „Vielleicht ist die Schranke geschlossen, dann haben wir ihn“, sagt Lutz Maser. Doch Pustekuchen: Die Gnadauer Schranke ist offen.

Dahinter macht der Fahrer etwas Merkwürdiges: Anstatt in Richtung Kanalchaussee (Salzelmen-Calbe) Stoff zu geben, brettert er in die schmale Ortsdurchfahrt nach Gnadau. Am Friedhof zeigt sein Tacho schon wieder 110 km/h. Bei dieser Beschleunigung muss der Mercedes einige PS unter der Haube haben, denken die Beamten. In Gnadaus Ortsmitte, am Zinzendorfplatz, parken Pkw am Straßenrand. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge sinkt auf „nur 90 km/h“. „Pass auf, da sind Leute am Rand“, ruft Maser seinem Kollegen zu. Die Beamten nehmen einige Erwachsene und auch Kinder schemenhaft war. Hätten die nicht Blaulicht und Sirene gehört, hätte es schlimm ausgehen können. An dieser Stelle fährt man maximal 30. Und auch nur Berechtigte, da die Ortsdurchfahrt für den Durchgangsverkehr tabu ist.

Der Daimlerfahrer ist von den Menschen am Fahrbahnrand unbeeindruckt. Er rast weiter. Jetzt in Richtung Felgeleben. Wieder ist die Straße recht kurvig. An der Roten Brücke schneidet er derart die Kurve, dass es bei Gegenverkehr mit Sicherheit geknallt hätte. An der Kreuzung zur B 246a zeigt die Ampel rot. Etwa fünf Pkw warten, dass es grün wird. Der Mercedes schießt links an den verdatterten Fahrern vorbei, die im ersten Moment nicht so recht begreifen was hier geschieht. „Der muss eine Vorliebe für Ortsdurchfahrten haben“, bemerkt Bernhard Wessner trotz Adrenalinschub lakonisch. Denn der Flüchtende jagt jetzt in Richtung Felgeleben. Auch hier besteht die Gefahr, dass Menschen an dem lauen Sommerabend unterwegs sind. In der Hermann-Kasten-Straße ist die Bahnschranke geschlossen. Wessner und Maser denken: Jetzt haben wir ihn. Doch fast im selben Moment beginnen sich die Schrankenholme träge zu heben. Der Daimler fegt über die Gegenfahrbahn an den wartenden Autos vorbei in Richtung Barbarastraße.

Während der ganzen Zeit teilt Lutz Maser dem angeforderten Funkstreifen-Team den jeweiligen Standort mit. Das kommt aus der Sachsenlandstraße und sieht nur eine Chance: Ihr Fahrzeug quer zu stellen und die Fahrbahn zu blockieren. Weil aber ein Polizei-Auto selten so lang wie die Straßenbreite ist, bleibt eine Lücke. Der flüchtende Mann, der mittlerweile so viele Verkehrsgefährdungen begangen hat, dass dem Richter die Robe qualmen müsste, sieht in der Lücke seine Chance. Er schießt hindurch, brettert über den Gehweg und macht ... einen Fehler. Endlich.

Der schwarze Mercedes fährt auf den Parkplatz am Sportplatz und steckt in der Falle. „Im Anschluss .... zerrte ich den Fahrzeugführer aus dem Fahrzeug und brachte ihn mittels unmittelbarem Zwang in Form eines Haltegriffs zu Boden“, wird später im Polizeiprotokoll stehen. Der 29-Jährige, der bis dahin zig Menschen und sich selbst in akute Gefahr brachte, leistet keinen Widerstand. Der Mann, der in Barby einen Verwandten besucht hatte, ist einschlägig polizeibekannt. Er besitzt keine Fahrerlaubnis, das Auto gehört seiner Ex-Freundin und ist nicht zugelassen. Kurz nach dem „unmittelbarem Zwang in Form eines Haltegriffs“ bemerkt Bernhard Wessner einen Radfahrer, der die Szene mit dem Handy filmt. „Das können Sie ja dann gleich auf YouTube stellen!“, ruft er ihm bissig zu. Und mehr zu sich murmelt er: „Dann heißt es mal wieder, dass die Polizei brutal vorgeht.“ Die Vorgeschichte, die zu diesem Vorfall führte, kennt der Filmer ja nicht.