1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Flöhe aus der Bibel geputzt

Restaurierung Flöhe aus der Bibel geputzt

Über 250 Jahre alt ist eine Bibel, die in den vergangenen Wochen vom Ehepaar Anna-Maria und Rüdiger Meussling restauriert worden ist.

Von Ulrich Meinhard 09.02.2017, 02:05

Plötzky l Es ist das Jahr, in dem der junge Goethe auf Wunsch seines Vaters ein Jurastudium in Leipzig beginnt. Es ist das Jahr, in dem in Frankreich die Cognac-Brennerei Hennessy gegründet wird. Und in Nürnberg haben Setzer nach langer, mühevoller Arbeit die Vorlagen für den Druck einer Bibel fertiggestellt, die alsbald in den Druck geht. Sie wird 8,5 Kilogramm wiegen, ist mit einem dicken Einband aus Leder umhüllt und enthält neben dem Alten und dem Neuen Testament unter anderem den Lebenslauf von Martin Luher. Die Rede ist hier vom Jahr 1765. und die erwähnte Bibel gibt es heute noch. Das in Plötzky beheimatete Ehepaar Maria und Rüdiger Meussling hat das allein schon optisch imposante Werk restauriert. Drei Wochen Arbeit waren notwendig.

„Blüten, Schmutz, Kalk, Flöhe, Läuse und Fliegen haben wir aus den Seiten entfernt“, erläutert die Restauratorin Anna-Maria Meussling. Seite für Seite musste gesäubert werden, zudem ist der Einband irgendwann einmal stellenweise mit Latex bestrichen worden. Das Zeug musste mit Hilfe von Ammoniak wieder aus dem Material herausgelöst werden. „Zum Glück verträgt Leder Ammoniak“, erläutert Anna-Maria Meussling. Ein Stück der Rückseite des Einbandes war herausgebrochen, das Loch ist nun geflickt. „Jetzt sieht es wieder aus wie ein Buch“, sagt die Plötzkyerin. „Ich glaube, es ist ganz gut geraten.“

Eigentümer der Bibel ist ein Magdeburger. Er hatte das voluminöse Druckwerk dem Ehepaar Meussling zur Generalüberholung überantwortet. Jetzt kann er es wieder abholen. Zuvor durfte die Volksstimme einen Blick in die alte Bibel werfen, die immerhin gut 250 Jahre auf dem Buckel hat. Sie in der Hand zu halten, sie aufzuschlagen, vermittelt einen besonderen Eindruck. Der Lesende scheint in der Zeit zurück zu reisen und staunt über die aufwändig gestalteten Seiten mit ihren schwungvollen Schriften und den Bildern, die offenbar Skulpturen und wiederum anderen Gemälden nachempfunden sind. Das qualitativ hochwertige Büttenpapier ist vergleichsweise gut erhalten. Leider muss einer der Vorbesitzer beim Lesen ordentlich gekleckert haben, irgendeine Flüssigkeit ist in die Seiten gelaufen, die Dunkelfärbung ist nicht mehr tilgbar. Sie prägt die Bibel ebenso wie der Inhalt, zu dem eine Vorrede Luthers auf das Neue Testament gehört, auch Nutzanwendungen, also Erklärungen, welche Stelle in der Schrift was bedeutet. Enthalten ist weiterhin die 1530 ausgearbeitete Confessio Augustana: das Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zu ihrem protestantischen Glauben. Empfohlen wird darin zum Beispiel, dass Priester in den Ehestand treten sollten, empfohlen wird auch die Beichte zur inneren Reinigung.

Auch Anregungen für alle Sonntagsgottesdienste des Jahres sind enthalten. Der für den kommenden Sonntag steht im Brief des Paulus an die Korinther, dort heißt es sinngemäß: Wer als Wettkämpfer im Stadion den ersten Platz belegt, erhält eine Krone, die vergänglich ist. Christen würden eine Krone geschenkt bekommen, die unvergänglich ist.