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Schach Plädoyer eines Schachbegeisterten

Schach ist Bildung: Diese einfache, aber zukunftsweisende Formel sollte laut Georg Hamm gerade für Vorschulkinder gelten.

Von Andreas Pinkert 18.11.2015, 00:01

Calbe l Für manch einen ist es lediglich ein schwarz/weiß-kariertes Brett mit 64 Feldern, auf denen 32 Figuren hin- und hergeschoben werden. Für Georg Hamm ist es weitaus mehr. Er sieht im königlichen Spiel mit seiner Jahrhunderte alten Tradition ein probates Mittel, um gesellschaftlichen Schieflagen entgegenzuwirken. „Rund jeder Zehnte im Salzlandkreis hat keinen Schulabschluss, rund ein Viertel der Unter-27-Jährigen keinen Berufsabschluss“, führt das Kreistagsmitglied aktuelle Zahlen ins Feld, die Sorgen bereiten. Demgegenüber stehe ein demografischer Wandel, der vor allem in strukturschwachen Regionen den Fachkräftemangel zunehmend verschärfen werde.

„Die Beschäftigung mit Schach fördert Eigenschaften, die in der Schule, der Ausbildung und im Beruf enorm wichtig sind“, meint der promovierte Naturwissenschaftler. Daraufhin hält er ein enthusiastisches Plädoyer, das von wissenschaftlichen Studien aus Deutschland gestützt wird. Sie weisen nach, dass die frühzeitige Beschäftigung mit Schach die Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit bei Kindern verbessert, das logische Denkvermögen schult, Fantasie und Kreativität steigert aber auch das Sozialverhalten und Selbstbewusstsein stärkt. Auch Fortschritte im Lese- und Sprachverständnis sind aufgeführt. Ein positiver Effekt in der frühkindlichen Bildung, vor allem für Mädchen und Jungen aus sozial benachteiligten Familien oder mit Migrationshintergrund.

Georg Hamm hat mit zehn Jahren seine Leidenschaft zum Schach entdeckt und sie stetig perfektioniert. „Schach hat mir in vielen Lebensbereichen geholfen“, meint das einstige Präsdiumsmitglied des Deutschen Schachbundes, der bis 2014 bei der Turn- und Sportgemeinschaft (TSG) Calbe und mittlerweile bei einem Hallenser Verein spielt. „Es schult Eigenschaften, die in der Ausbildung von Führungskräften zum Einsatz kommen.“ So müsse unter Zeitdruck zuerst eine Ausgangslage analysiert und bewertet und anschließend eine Strategie entwickelt werden, die eine spezielle Taktik notwendig mache.

„Schach stärkt auch das physische Durchhaltevermögen“, ergänzt der 73-Jährige und vergleicht die Belastung einer Sechs-Stunden-Partie mit der eines Zehntausend-Meter-Laufs.

In Gerhard Köhler hat der Calbenser einen Gleichgesinnten gefunden. Der Chef des Filmgiganten und Digitaldienstleisters Orwo will mit einem Verein (siehe Infokasten) das Projekt „Schach in Mitteldeutschland“ etablieren. Dabei werden Erzieherinnen mit einem Acht-Stunden-Seminar in die Welt des Schachs eingeführt und mit Spielmaterial und methodischen Hilfsmitteln ausgestattet. Dafür gab es vom Innenministerium des Landes 77 500 Euro.

Die Arbeiterwohlfahrt-Kita „Haus des Kindes“ und die integrative Kita „Zwergenland“ (Lebenshilfe Bördeland gGmbH) in Calbe beteiligen sich - nach Gesprächen mit Georg Hamm - an diesem Projekt. Ginge es nach dem Schachbegeisterten, sollte schon jedes Vorschulkind an das strategische Brettspiel herangeführt werden.