1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Schönebeck
  6. >
  7. Die Welt der Maurischen Landschildkröten

Schildkröten Die Welt der Maurischen Landschildkröten

Die Schönebeckerin Bärbel Conradi erzählt von ihrer große Leidenschaft für die kleinen Erdbewohner.

Von Emily Engels 27.07.2016, 04:13

Schönebeck l Jeden Tag badet Bärbel Conradi ihre kleinen Zöglinge sorgfältig in 30 Grad warmem Wasser. Danach wird die Nabelschnur mit einer Wundsalbe für Babys eingerieben, damit sie auch gut abheilt. Auch für eine gesunde, vielseitige Ernährung sorgt die 73-Jährige. Frisches Gemüse schnippelt sie klein, wenn möglich, aus eigenem Gartenanbau, und bei starkem Sonnenschein sorgt sie für ausreichend Schutz.

Die Zöglinge, um die sich Bärbel Conradis Freizeit dreht, sind Maurische Landschildkröten. Die Schönebeckerin hat sich im Laufe der Jahre ein Spezialwissen über die Tiere angeeignet, für das sie bei vielen Schönebecker Schildkrötenhaltern bereits bekannt sei, sagt sie.

„Mein Herzblut hängt an den Tieren“, sagt Conradi. Kein Wunder, denn sie hat Schildkröten, mit denen sie quasi aufgewachsen ist, die fast genauso alt sind, wie sie. „Die Susi ist jetzt etwa 70 Jahre alt“, sagt sie, während sie in das Schildkrötengehege geht. Susi und die anderen drei erwachsenen Schildkröten, die Conradi beherbergt, kommen gleich auf sie zugerannt, als würden sie einen alten Bekannten begrüßen. „Nur rote Finger- oder Fußnägel darf ich als Schildkrötenbesitzerin besser nicht auflackieren, sonst denken die Schildkröten, dass es sich um etwas Leckeres zum Essen handelt“, erklärt Conradi schmunzelnd.

Bei der Schönebeckerin dürfen die Tiere eigentlich alles machen, was das Schildkrötenherz begehrt. Sie haben Höhlen, in denen sie sich an einem heißen Sommertag verkriechen können, haben genug Erde zum Buddeln und Freunde zum spielen. „Viele wissen nicht, dass auch Schildkröten Artgenossen brauchen, um sich richtig wohlzufühlen“, betont Conradi.

Sie hat ihr Wissen über ihre Lieblingsreptilien nach der Wende bei dem Belitzer Schildkrötenzüchter Professor Walter Kirsche vertieft. „Er hatte über 100 Schildkröten“, sagt sie bewundernd. Er inspirierte Conradi dazu, mit einer eigenen Zucht zu beginnen. Warum erst nach der Wende? „Weil es da endlich die nötige Brutbox zu kaufen gab“, erklärt sie.

Nachdem die Schildkröten ihre Eier in eine Erdkuhle gelegt haben, nimmt Conradi sie vorsichtig heraus. „Ich ersetze sie dann durch eine Walnuß - damit die Schildkröten nicht das Gefühl bekommen, dass ich ihnen etwas weggenommen habe“, erklärt sie.

Danach werden die Eier gekennzeichnet. Conradi leuchtet sie mit einem Lämpchen ab und schaut, ob sie befruchtet sind. „Wenn man durchschauen kann, sind sie nicht befruchtet, sind sie undurchsichtig, kann aus dem Ei ein Schildkrötenbaby schlüpfen“, sagt sie. Da sie aber auf keinen Fall möchte, dass sie aus Versehen ein Ei wegschmeißt, dass doch befruchtet wurde, legt sie die durchsichtigen Eier trotzdem zunächst mit in den Brutkasten.

„Acht bis neun Wochen muss ich dann warten, bis die kleinen Schildkröten aus den Eiern hervorkommen“, sagt sie. Doch längst nicht alle schaffen es. „Nur aus der Hälfte der Eier wird etwas“, sagt die Expertin.

Um überhaupt an befruchtete Eier zu kommen, gab es in der Schildkrötenfamilie von Bärbel Conradi vor einigen Jahren Zuwachs aus Gommern. Um es vorweg zu nehmen: Der Name der männlichen Schildkröte ist Programm. Rammelmeier heißt der 68-Jährige, dessen Lieblingsbeschäftigung wie bereits angedeutet aus dem Namen abzuleiten ist.

„Erst habe ich ihn öfters mal für Susi und Robertine geborgt, dann haben die Besitzer aus Gommern ihn mir irgendwann geschenkt“, erzählt Conradi.

Von ihren Lieblingen hat sie nur im Sommer etwas. Denn ab dem zweiten oder dritten Lebensjahr machen die Schildkröten Winterschlaf. Die ganze kalte Jahreszeit über wohnen sie dann in Boxen, unter Heubergen.

Aus Leidenschaft zu ihrem Hobby ist sie schon auf die Insel geflogen, die für die gigantischen Verwandten ihrer Haustiere bekannt ist: Seyschellen. Dort wohnen die Riesenschildkröten. Conradi zeigt Fotos, auf denen sie den menschengroßen Reptilien Salatblätter gibt. Während neben ihren fünf-Mark-Stück großen Babyschildkröten die Salatblätter riesig wirken, wirken die gleichen Blätter neben der Seyschellen-Riesenschildkröte wie ein kleiner Snack, den sie mit einem Happen vernascht. Für Conradi ein Erlebnis, das sie niemals vergessen wird.

Die tierliebe Schönebeckerin braucht kein Haustier zum Kuscheln. Sie hat den Hang zum Exotischen. Dazu gehört auch eine Spezies, vor der manch einer panische Angst hätte: Schlangen. „Vor ein paar Tagen waren wir bei Freunden, die Netzpythons besitzen. So herrliche Tiere“, schwärmt sie. Eine Schlange beherbergt sie übrigens auch selbst: in ihrem Garten wohnt eine Ringelnatter. „Die darf hier frei rumkriechen, sie ist schließlich auch von alleine gekommen“, meint sie, zuckt mit den Schultern und fügt lächelnd hinzu: „Was soll ich machen, die Tiere fühlen sich halt wohl bei mir.“