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Strukturreform Auf Tuchfühlung mit der Polizei

Zur Polizeistrukturreform in Sachsen-Anhalt gehörte die Etablierung von Regionalbereichsbeamten.

Von Ulrich Meinhard 09.12.2015, 17:41

Schönebeck l Seit nunmehr eineinhalb Jahren sind die Regionalbereichsbeamten (RBB) in ihrer neuen Funktion im Amt. Die Volksstimme trifft zwei der Schönebecker Beamtinnen zu einem Gespräch im Revierkommissariat an der Nikolaistraße. Wie sieht der dienstliche Alltag aus? Welche Schwerpunkte gibt es?

Brigitte Horn und Petra Peters kommen sogleich auf die Schulwegüberwachung zu sprechen. Diese Arbeit bringt zuweilen erstaunliche Eindrücke mit sich. Dafür sorgen in der Regel weniger die Kinder und Jugendlichen, sondern deren Eltern und Großeltern. „Viele bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Das ist ja in Ordnung. Vor allem bei Erstklässlern im ersten Halbjahr, gar kein Thema. Aber nicht wenige wollen ihre Söhne oder Töchter am liebsten noch in den Schulraum begleiten“, berichtet Brigitte Horn. Abgesehen davon, dass die meisten Kinder diese intensive Fürsorge ganz und gar nicht wollen, wie sie meint, komme es durch das Abstellen der Autos vor der Schule zeitweise zu höchst angespannten Situationen. Man müsse sich das nur einmal vorstellen: Kurz vor Schulbeginn kommen dutzende, ja hunderte Autos, die irgendwo halten oder parken müssen. Am besten natürlich direkt vor den Schulen. Stau. Chaos. Genervte Erwachsene. Die noch genervter reagieren, wenn sie von den Beamten auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden, denn es werde oft wild geparkt, auf Gehwegen, sogar im Halteverbot. „Wir beobachten auch immer wieder, dass die Kinder auf der Straßenseite aus den Autos aussteigen statt auf der Gehwegseite, was für sie viel sicherer wäre“, wundert sich Petra Peters. Besonders und auffallend unbelehrbar seien zuweilen Großeltern.

Sobald die erste Unterrichtsstunde beginnt, ist der Ansturm wie weggeblasen. Alles ist wieder ruhig vor den Schulen. Eine rühmliche Ausnahme sei diesbezüglich die Käthe-Kollwitz-Schule. „Auch bei den Schulen in Plötzky und in Elbenau läuft diese Phase entspannt ab“, nennt Brigitte Horn zwei weitere positive Beispiele.

Über einen Mangel an Kontakten können sich die RBB nicht beklagen. Kontakte in alle Richtungen: zum ganz normalen Bürger, der sie auf der Straße anspricht, zu Einrichtungen wie Jugendclubs, zu Vereinen, zu Wachschutzleuten, zu Mitarbeitern des städtischen Ordnungsamtes, zu in Schönebeck lebenden Flüchtlingen. Hinsichtlich der Asylbewerber sei es in Schönebeck relativ ruhig. „Toi, toi, toi“, klopft Petra Peters auf den polizeieigenen Tisch. Angesprochen auf die angebliche wilde Schlachtung eines beziehungsweise mehrerer Schafe in Frohse durch Flüchtlinge winkt die Polizistin ab. „Ja, das Schaf suche ich heute noch“, sagt sie und meint damit nichts anderes als: An dieser - unter anderem in den sozialen Medien im Internet aufgetauchten - Meldung war nie etwas dran. Eine völlig unsinnige Vorstellung. Es gebe schließlich strenge hygienische Vorschriften für die Gemeinschaftsunterkunft in Frohse. Da könne niemand mal eben ein Schaf schlachten und es dann zubereiten.

Apropos Flüchtlinge: Viele von ihnen lernen die deutsche Sprache in Kursen, die die Volkshochschule anbietet. Die Polizeibeamten gehen auch in diese Klassen. Weniger, um Rechtschreibung und Grammatik zu lehren, sondern um darüber zu informieren, was bei einem Unfall zu tun ist oder bei einer Bedrohung durch wenig gastfreundliche Deutsche oder gar kriminelle Leute. „Da kommen immer viele Fragen“, versichert Brigitte Horn.

Polizeiliche Ermittlungen in vielerlei Hinsicht gehören aber auch zum Aufgabenspektrum der Regionalbereichsbeamten. „Das liegt einfach daran, weil wir ja sowieso auf der Straße sind“, macht Petra Peters auf die konkret gewollte Präsenz der Beamten in der Öffentlichkeit aufmerksam. So nehmen die Regionalbereichsbeamten auch Anzeigen auf oder dokumentieren einen Unfall, vor allem dann, „wenn wir drauf zukommen“. Und selbstverständlich halten die beiden Frauen auch Radfahrer an, die etwa auf der Salzer Straße (immer wieder gern) auf den Gehwegen fahren. Zum Spaß haben sie sich schon überlegt, ein Buch mit den besten Ausreden herauszugeben. Zum Beispiel? „Da gibt es viele. Einmal hat mir eine Frau gesagt, sie wolle einfach mal ausprobieren, ob ihr Fahrrad noch fährt“, lacht Brigitte Horn über dieses schlichte Argument.

Unterstellt sind die RBB dem Bereich „Zentrale Aufgaben“. „Zu unserer Arbeit gehört darum auch der Schutz von Objekten, von Veranstaltungen und damit haben wir manchmal auch an Feiertagen oder an Wochenenden Dienst“, erklärt Brigitte Horn. Im Laufe der eineinhalb Jahre seien Aufgaben hinzugekommen. Dennoch wolle sie sich keineswegs beklagen. „Es ist jetzt nicht so, dass wir dreimal am Tage das Hemd wechseln müssen.“

Die Volksstimme begleitet die beiden Polizistinnen zum Abschluss bei einem Besuch im Jugendclub Young Generation an der Straße der Jugend. Hier werden Brigitte Horn und Petra Peters alles andere als skeptisch in Empfang genommen, sondern vielmehr mit Hallo und freundlichen Worten. Ein Kind springt Brigitte Horn sogleich in die Arme. Polizei zum Anfassen. Direkter kann der Kontakt zu den Ordnungshütern kaum noch sein.