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Obdachlose Unterkunft oder Betreuung?

In Staßfurt gibt es Streit über die Obdachlosenunterbringung. Die Stadt bietet Unterkunft. Stadträte fordern soziale Betreuung.

Von Daniel Wrüske 17.04.2017, 17:21

Staßfurt l Der Sozialausschuss hatte nicht viel zu sagen, als Ordnungsamtsleiterin Susanne Henschke die Kriterien für die Obdachlosenunterbringung vorlegte. Die Stadt muss nach vier Jahren diese Leistung neu ausschreiben und jemanden finden, der zum Beispiel Daten der Nutzer aufnimmt, Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit in den Räumen im Blick hat oder die Gebühren von den Wohnungslosen abrechnet. Das alles soll in den Ausschreibungstext, für den die Fachdienstleiterin grünes Licht von der Politik abholen wollte.

Das gab es im Gremium für Jugend, Senioren und Soziales auch eingeschränkt. Im Finanzausschuss hatte es die Stadt da schon schwerer, ihre Leistungsbeschreibung für die Obdachlosenunterbringung zu vermitteln. Hier schauten die Politiker ganz genau hin. Nicht wegen des Geldes, sondern wegen der fehlenden Sozialbetreuung. „Ich hatte gehofft, dass unter einem SPD-Bürgermeister eine andere Art der Obdachlosenhilfe gefunden wird“, sagt Ralf-Peter Schmidt (Unabhängige Bürgervertretung von Staßfurt).

Der Rat habe das so auch besprochen. Dem Ratsmitglied fehlen Begleitung bei Behörden- und Ämtergängen. Sozialkräfte vor Ort in der Unterkunft. Die Belegungszahlen seien zwar gesunken. Das sei aber nicht passiert, „weil die Welt besser geworden ist“, sondern weil Hilfe ausbleibe und die Leute sich eher an anderen Orten Unterschlupf suchen würden, interpretierte er.

Susanne Henschke kann für derartige Lesarten kein Verständnis aufbringen. Sie erklärt, dass die Obdachlosenunterbringung zuerst eine Maßnahme der Gefahrenabwehr ist. „Wir müssen den Menschen ohne Dach über dem Kopf einen Schlafplatz, eine Waschgelegenheit und beheizbare Räume bieten.“ Die Unterkunft dürfe nicht zum „Dauerwohnheim“ werden. Deshalb gelten die Regelungen vornehmlich für die Nacht und für Tage mit schlechter Witterung. Alles, was soziale Betreuung sei, liege nicht in ihrem Amt und könne von ihr auch nicht in die Ausschreibung gebracht werden. Die Politik könne das aber beschließen, doch dann lägen die Zuständigkeiten woanders.

Susanne Henschke berichtet noch, dass der bisherige Betreiber, ein Sicherheitsexperte, bei der Aktivierung der Obdachlosen helfe. Er begleite sie zu Ämtern, helfe bei Formularen und bei der Wohnungssuche und beschaffe Möbel für die Erstausstattung der gefundenen vier Wände. Hartmut Wiest (Fraktion UWG Salzland/AfD) sagte, diese Hilfe geschehe jetzt nur ehrenamtlich, und die Stadt müsse derartige Angebote auch bei der Ausschreibung einfordern. Er polterte noch dazu, dass die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, besser versorgt werden, als die Menschen, die hier aus irgendwelchen Gründen auf der Straße lebten. Dazu musste er sich von Klaus Magenheimer (Die Linke) anhören, dass es unsachlich sei, Sozialbenachteiligte so gegeneinander auszuspielen.

Klaus Stops (CDU) macht auf einen anderen Aspekt aufmerksam und fasst die Diskussion zusammen. Das Rathaus soll wieder jemanden finden, der das Obdachlosenheim, ein kommunales Gebäude, im Auftrag der Stadt übernimmt. So könne man, weil man es müsse, die günstigsten Bieter wählen. Zudem solle die Verwaltung aber auch nach Anbietern von Unterstützungs- und Aktivierungsangeboten suchen und diese gegebenenfalls getrennt vergeben. Der Rat behandelt das Thema am Donnerstag.