1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Handy weist den Weg nach Mekka

EIL

Stadtsee-Serie Handy weist den Weg nach Mekka

Für die Serie „24 Stunden Stadtsee“ hat die Volksstimme von 12 bis 12 Uhr einen anderen Akteur des Stendaler Stadtteils besucht.

Von Thomas Pusch 14.07.2015, 01:01

Stendal l Der Sonntag ist den Christen heilig. Der Sonnabend den Juden. Und für die Moslems ist der wichtigste Tag der Woche der Freitag. Allah hat dem Propheten Mohammed das gesagt. Und deshalb ist der Andrang in der Stendaler Moschee an diesem Tag so groß wie sonst nicht. Fünfmal muss der Gläubige täglich beten, so schreibt es der Koran vor. Aber dieser besondere Tag ist eben besonders. Im Gebetsraum der Stendaler Gemeinde an der Friedrich-Ebert-Straße versammeln sich die Menschen. Moschee, das klingt nach einem prächtigen Gebäude im Nahen Osten. Damit hat der Raum in Stadtsee wenig zu tun, aber er ist würdig.

Um dem Herrn würdig zu sein, ziehen die Mitglieder der islamischen Gemeinde ihre Schuhe aus. Und ihre beste Kleidung an. Und gebetet wird gen Mekka. Aber wo ist Mekka, wenn man mitten in Stadtsee betet? Die Sonne ist im Sommer natürlich ein Orientierungspunkt. Doch die so oft in vergangene Zeiten verortete Religion hat auch andere Mittel. „Es gibt auch eine Kompass-App im Handy“, sagt Mohamed Zayed wie selbstverständlich. Er wohnt in Jerichow, Stendal ist für ihn die nächstgelegene Moschee.

„Das Freitagsgebet ist für Männer Pflicht, für Frauen freiwillig“, erklärt er die Regeln. Frauen sind keine in dem Gebetsraum zu sehen, sie haben einen separaten Raum. So streng die Regeln auch sind, so flexibel sind sie auch für Moslems, die in einer besondere Situaton sind. „Wer auf Reisen ist, muss nur dreimal am Tag beten“, erläutert Zahed. Und das Gebet muss auch nicht in einer Moschee stattfinden. Nur sauber muss der Ort sein, beten auf schmutziger Erde oder in Richtung einer Toilette, undenkbar. Auf Reisen gibt es Ausnahmen. So wie für Zahed, der Glasbauer und auf vielen Baustellen in Deutschland unterwegs ist. „Dann reicht es, dreimal am Tag zu beten, und es darf auch verkürzt sein, etwa wenn die anderen eine Zigarettenpause machen“, erläutert er die pragmatische Seite der Gebetsregeln.

Rauchen ist in der Moschee natürlich verboten, ebenso wie Unterhaltungen, wenn der Imam das Wort erhebt. Essen und trinken sind natürlich auch untersagt, so wie in wahrscheinlich jeder Kirche der Welt während des Gottesdienstes. Getrocknete Datteln und Orangenbrause werden serviert. „Sie können ruhig während des Gebets essen, wir besser nicht“, sagt Zahed. Die Höflichkeit verbietet es. Und es kommen immer noch Gläubige in die Moschee, der Imam hat seinen Platz noch nicht eingenommen.

Der Raum ist mit weichen blauen Teppichen ausgelegt. Sie sind mit Ornamenten und Linien verziert. Wo sie geknüpft wurden, wissen Zahed und Abdul Saeed, der im Vorstand der Islamischen Gemeinde Stendal sitzt, nicht ganz genau. Die besten Teppiche kommen aus der Türkei und dem Irak. Klar ist aber, dass diese Teppiche für Moscheen bestimmt sind. In Privathaushalten würde ein solcher Teppich nicht ausgelegt, die Struktur legt auch die Reihen der Betenden fest.

Die haben sich nicht nur besonders angezogen, sondern auch besonders vorbereitet für dieses wichtige Gebet. „Der Körper wird vorher gereinigt, Hände, Gesicht, Füße“, zählt Zahed auf. Vor dem Hauptgebet der Woche ist es sogar ratsam, sich unter die Dusche zu stellen. Langsam kehrt Ruhe ein in dem Raum, an dessen Wänden in arabischer Schrift Koranzitate stehen, eine Digitaluhr die Gebetszeiten anzeigt. Gleich wird der Imam das Gebet beginnen. „Es hat jede Woche ein anderes Thema, Umgang mit den Menschen oder auch Kindererziehung, heute geht es um das Verhalten während des Ramadans“, bereitet Zahed vor. Der Ramadan, die Fastenzeit, sei vor allem dafür gedacht, an arme Menschen zu denken, ihnen etwas zu schenken.

Dann steht der Ägypter Farag Abdulla im Mittelpunkt. Ein wenig seines halbstündigen Gebets wird auf Deutsch übersetzt, doch eigentlich ist alles gesagt. „Salam aleikum“ – „Friede auf dich“ begrüßen die Menschen in der islamischen Gemeinde sich und die Gäste, und Mohamed Zahed verabschiedet mit einer Zeile aus dem Koran: „Jeder, der gute Sachen tun will, soll es machen, jeder, der Böses vorhat, soll damit aufhören.“

Nächste Folge: Am Donnerstag, 16. Juli, besuchen wir von 19 bis 20 Uhr zwei Kleingärtner am Springberg.