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Holzpelletwerk Anklage gegen Gesellschafter erhoben

Das Tangermünder Holzpelletwerk produzierte nur wenige Wochen. Jetzt wird wegen Insolvenzverschleppung ermittelt.

Von Rudi-Michael Wienecke 12.09.2015, 01:01

Tangermünde l Subventionsbetrug, Insolvenzverschleppung, Steuerhinterziehung und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den alleinigen Gesellschafter und den Geschäftsführer des insolventen Holzpelletwerkes in Tangermünde. Am 10. Juni ging die Anklage in der Wirtschaftsstrafkammer des Magdeburger Landgerichtes ein.

Laut Gerichtssprecher Christian Löffler läuft aktuell das Zwischenverfahren. Das Gericht prüfe die Beweise und entscheide dann, ob die Anklage unverändert zugelassen und die Hauptverhandlung eröffnet wird. Möglich wäre auch eine Zulassung mit Änderungen. Reichen die Beweise nicht aus, könne die Eröffnung eines Verfahrens auch abgelehnt werden. Wann das Zwischenverfahren abgeschlossen ist, konnte Löffler nicht sagen. In diesem Falle habe das Gericht keine Fristen. Die umfangreichen Akten gelte es aber sorgfältig zu prüfen. Löffler nennt die Zeit zwischen Mai 2007 und November 2010 als Tatzeitraum.

Michael Kruthoffer, Rechtsanwalt aus dem hessischen Seligenstadt, dürfte im Falle eines Prozesses die Hauptperson sein. In der Anklage wird er als faktischer, also tatsächlicher Geschäftsführer bezeichnet. Er ließ für rund 18,5 Millionen Euro das Holzpelletwerk bauen. Investitionszulage in Höhe von 1,7 Millionen Euro und weitere 1,3 Millionen Euro Investitionshilfe, ausgezahlt von der Landesinvestitionsbank, flossen als staatliche Förderung. Im September 2009 nahm das Werk seinen Betrieb auf, nach wenigen Wochen schloss es wieder. Mehr als 30 Mitarbeiter waren ohne Arbeit.

Kruthoffer machte damals dafür die zwischen 2008 und Ende 2009 massiv gestiegenen Holzeinkaufspreise verantwortlich. Gegenüber der ursprünglichen Kalkulation hätten jährlich rund 1,5 Millionen Euro gefehlt, es hätte die Perspektive für ein einträgliches Geschäft gefehlt. Zuvor behauptete Kruthoffer allerdings, dass technische Mängel zum Produktionsstopp geführt hätten. Es gab aber auch andere Stimmen, die der Meinung waren, das Holzpelletwerk hätte 100-prozentig rentabel geführt werden können. Es hätte langfristige Verträge gegeben. Man sprach davon, dass die Arbeitsplätze mit Vorsatz vernichtet wurden.

Seit Februar 2010 ermittelte die Staatsanwaltschaft Magdeburg, Abteilung Wirtschaftskriminalität, anfangs nur wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung. In Tangermünde und Seligenstadt wurden Computer und Unterlagen beschlagnahmt.

Ebenfalls seit 2010 ist der Anwalt Lucas Flöther als Insolvenzverwalter auf der Suche nach Investoren. Das ist alles andere als einfach, denn auf dem Werk lastet ein Schuldenberg in Millionenhöhe. Allein ein Hamburger Anlagenbauer beklagt fast fünf Millionen Euro, die nicht bezahlt wurden. 2012 gab es einen Hoffnungsschimmer. „Wir befinden uns auf der Zielgeraden“, so Flöther damals. Er sprach von einem potenziellen Interessenten, der das Werk branchenüblich fortführen wolle.

Der Geschäftsbetrieb ist noch immer eingestellt. Eine Wiederinbetriebnahme des Werkes ist auch nicht so einfach ohne Weiteres möglich, da nicht bezahlte Maschinen bereits abgebaut wurden. Aktuell sei der Insolvenzverwalter deshalb nicht in erster Linie auf der Suche nach einem Investor aus der Branche, sondern nach einem Interessenten für das Grundstück, war gestern zu erfahren.