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Amtsgericht Stendal Mit Auto im Dunghaufen

Ein Tangermünder ist von dem Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr freigesprochen worden. Er erzählte eine fast unglaubliche Geschichte.

Von Wolfgang Biermann 07.10.2015, 23:01

Stendal l Ein Tangermünder Anfang 60 ist kürzlich vom Amtsgericht Stendal vom Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr mangels Beweisen freigesprochen worden. Seine im Januar beschlagnahmte polnische Fahrerlaubnis, eine deutsche besitzt er wohl schon längere Zeit nicht mehr, erhielt er wieder zurück. „Natürlich ist das alles gelogen, das können wir Ihnen nur nicht beweisen“, kommentierte Amtsrichterin Petra Ludwig den Freispruch.

Der Angeklagte steckte am Morgen des 23. Januar mit seinem Wagen in einem Dunghaufen fernab jeder Straße mitten auf einem Feld in einer abgelegenen Gegend nahe Arendsee fest. Die von einem Jäger und von einem örtlichen Jagdaufseher gerufene Polizei stellte bei dem am Steuer sitzenden Tangermünder Alkoholgeruch fest. Eine Blutentnahme ergab 1,95 Promille.

Wie er zu der unzugänglichen Stelle gekommen war, schmückte der Angeklagte detailreich in einer abenteuerlich anmutenden Geschichte aus. Demnach sei er tags zuvor auf dem Weg von Tangermünde ins Krankenhaus Perleberg gewesen. Bei Arendsee habe er seine Ex-Schwiegermutter besuchen wollen und sei vom Weg abgekommen. Dabei sei ihm der Kühler seines Wagens explodiert, und er hätte die Nacht in seinem Pkw verbracht. Für das Krankenhauspersonal gekaufte Alkoholika (Wein und Likör) hätte er dabei gehabt. Davon will er in der Nacht und auch am Morgen getrunken haben. Gefahren sei er danach aber nicht mehr.

„Damit haben Sie den Preis der wildesten Geschichte des Jahres gewonnen“, merkte Richterin Ludwig zur Einlassung des Angeklagten nur an.

Ein Jäger (62) sagte als Zeuge aus, dass er von seiner Kanzel aus am frühen Morgen Motorgeräusche eines offenbar festsitzenden Autos gehört und den örtlichen Jagdaufseher angerufen habe. Der wiederum verständigte über Notruf die Polizei. Er sei von einem Wilderer ausgegangen, begründete der 59-Jährige als Zeuge den Notruf. Beide sagten aus, dass sie sich über das „im Nirwana“ auf einer Treckerspur auf einem Acker festgefahrene fremde Auto gewundert hatten.

„Der Wagen steckte im Dunghaufen“, bestätigte einer der Polizisten, die die Blutprobe veranlasst hatten. Fahren gesehen hatte den Angeklagte allerdings niemand. Und so blieb die abenteuerliche Geschichte unwidersprochen. Die polnische Fahrerlaubnis war dem Angeklagten laut Gericht schon einmal in Deutschland entzogen worden. „Die habe ich nach einer polnischen MPU zurückbekommen“, teilte der Angeklagte mit. Richterin Ludwig sagte, dass sie keine Handhabe für den Einbehalt habe: „Das ist die EU, wie sie leibt und lebt.“