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Zehn Jahre Fäberhof „Man muss starke Nerven haben“

Färberhof-Leiterin Marika Mund blickt auf zehn Jahre Familienzentrum Färberhof zurück.

09.10.2015, 23:01

Stendal l Dass das Familienzentrum Färberhof keine Kita wie jede andere ist, schwingt nicht nur im Namen mit. Die Einrichtung ist mehr als nur ein Kindergarten, sie ist eine Begegnungsstätte für die ganze Familie. Mehr noch, ein Treff der Generationen aus dem Wohnviertel um den Färberhof herum, oder, wie es im Fachjargon heißt, aus dem Quartier.

Dass in zehn Jahren auch so manche Höhen und Tiefen überwunden werden mussten, weiß Marika Mund nur zu gut. Das sind dann die Momente, die ihr ein Lachen ins Gesicht treiben, oder auch einen nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Angefangen haben wir ja schon 2003. Wir waren eine Gruppe von Pädagogen und Eltern, die Lust hatten, ein Familienprojekt zu entwickeln, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Fokus hat, also Betreuung auch im 24-Stunden-System, wenn der Bedarf da ist“, erinnert sich Marika Mund. Die Idee war, dass alle Beteiligten als Gesellschafter fungieren, um das Haftungsrisiko im Rahmen zu halten. Als Gesellschafter blieben nur Marika Mund und ihr Mann.

Dennoch, im Team blieben sie nicht allein. Als Bürgerinitiative mit neun Weggefährten ging das Familienzentrum seine ersten konzeptionellen Wege. Sieben von ihnen sind heute noch mit dabei.

„Wir haben uns unser Konzept selbst erarbeitet, nach unseren Vorstellungen und Zielen“, so Mund. Und was fehlte, wurde „gnadenlos aus anderen Einrichtugen geklaut“, sagt sie weiter. 21 Kindereinrichtungen aus ganz Deutschland habe sie mit ihrem Team besucht. „Alles, was uns gefallen hat, haben wir gedanklich mit nach Stendal genommen und hier neu aufgebaut.“

Dafür hat das Team um Marika Mund aber auch einiges gegeben – nämlich ihr Konzept, dass sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. So sei quasi der Deal gewesen, den sie mit dem Sozialministerium eingegangen ist. Fördermittel gegen ein transparentes Konzept. „Was Fördergelder anging, gab es 2003/2004 riesige weiße Flecken in der Altmark. Für uns eine Chance, die wir genutzt haben. Und das ist auch fair. Früher haben wir von anderen gelernt, und jetzt können andere von uns lernen.“

Angefangen hat das Familienzentrum mit der Betreuung von sechs Kindern am 12. September 2005. Sie wollten kleine Brötchen backen, auf Sicherheit gehen und ihre gerade entstandene Einrichtung nach und nach weiterentwickeln. Der Färberhof lief als Landesmodellprojekt. Elternarbeit war wichtiger Bestandteil der Konzeption. „Das war nicht jedermanns Sache“, weiß Marika Mund. „Da sind uns auch einige Eltern wieder abgesprungen. Wir haben daran trotzdem festgehalten. Eltern sind bei uns sehr aktiv gefordert. Nur die Kinder bringen und wieder abholen, das funktioniert bei uns nicht.“

Heute werden in der Einrichtung 79 Kinder im Alter von acht Wochen bis sechs Jahren betreut. 27 Mitarbeiter sind im Färberhof angestellt, die meisten Vollzeit. Dazu kommen Praktikanten und Auszubildende.

Dass es auf so einem langen Weg auch immer wieder Hürden und Stolpersteine gibt, die schon mal das Gefühl aufkommen lassen können, dass man am liebsten alles hinschmeißen will, kennt Marika Mund auch. „Wobei hinschmeißen wollte ich nie“, sagt sie. Weder die Insolvenz des Färberhofeigenen Bistros im vergangenen Jahr, die zu einigen Unruhen führte, noch die Auflösung der betriebseigenen Kita 2013 (ein Vertrag mit dem Johanniter-Krankenhauses) haben die Sozialpädagogin entmutigt. „Sowas ist natürlich nicht schön und zieht einen auch runter, aber es ist nicht frustrierend, weil man anders weitermachen kann. Was mich wirklich absolut frustriert, ist die Bürokratie“, sagt sie. „Meine Arbeit mach 80 Prozent Bürokratie aus und nur 20 Prozent inhaltliche Arbeit. Das geht wirklich an die Substanz, weil man nur noch dabei ist, irgendwelche Auflagen irgendwelcher Behörden zu erfüllen. Da muss man manchmal starke Nerven haben, damit man nicht gleich alles hinschmeißt. Aber so weit bin ich noch nicht.“

„Ich wünsche mir einfach nur weniger Bürokratie, damit mehr Platz für inhaltliche Arbeit bleibt“, sagt Marika Mund. Ansonsten sei der Färberhof da angekommen, wo er von Anfang an sein sollte. „Was jetzt kommt, ist nur noch Feintuning“, sagt die Pädagogin.