1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. OB und Intendant in der Schusslinie

Theaterdefizit OB und Intendant in der Schusslinie

Im Stadtrat gab es heftige Auseinandersetzungen um das Theaterdefizit. 430 000 Euro fehlen. 

Von Bernd-Volker Brahms 08.12.2015, 13:44

Stendal l Gut vier Millionen Euro hat das Theater der Altmark im Jahr zur Verfügung. 2,9 Millionen Euro wurden in den Theaterhaushalt für Personalkosten eingestellt. Dieses Budget wurde überzogen, 3,33 Millionen Euro ausgegeben. In einem außerordentlichen Hauptausschuss und im Stadtrat präsentierte die Verwaltung gestern Abend eine Beschlussvorlage, mit der das Defizit von 430 000 Euro getilgt werden sollte. Das stieß auf Unmut einiger Stadträte, die sich an alte Zeiten erinnert fühlten. Nach engagiert geführter Diskussion wurde im Hauptausschuss auf eine Abstimmung verzichtet, der Stadtrat befürwortete die Vorlage.

Hardy Peter Güssau, Fraktionsvorsitzender von CDU/Landgemeinden, wetterte vor allem gegen den Umgang des Theaters mit dem Stadtrat. „Wir Stadträte reißen uns was fürs Theater auf und dann wird uns überhaupt nicht erklärt, wie sich das Theater finanziert“, sagte er gegenüber der Volksstimme. Allerdings stünden Theater und Intendant nicht allein da, Güssau sieht die Verwaltung ebenso in der Pflicht. So seien nicht die beschlossenen vierteljährlichen Berichte eingefordert worden. „Das war kollektives Schlafen von Verwaltung und Theater“, er im Hauptausschuss. „Trauerspiel“ nannte er es im Stadtrat.

Unverständnis auch bei Reiner Instenberg, Vorsitzender der Fraktion von SPD, FDP, Piraten und Ortsteilen. „Der Intendant saß am 10. November im Finanzausschuss und hat keinen Ton gesagt, da muss der OB doch auch mal drauf gucken“, bemängelte er. Es könne doch nicht immer bis zum Jahresende gewartet werden. „Es nervt langsam“, machte er seinem Ärger im Gespräch mit der Volksstimme Luft, „jedes Jahr reden wir in der Fraktionssitzung zwei Stunden über das TdA und nichts ändert sich.“

„Natürlich sollte ein vierteljährliches Controlling verhindern, dass es am Jahresende überraschend zu einem Defizit kommt“, meinte Linke-Bündnis 90/ Die Grünen-Fraktionschef Joachim Röxe. Das sei ganz offenbar nicht gelungen. „Aber die Ursache hierfür liegt nicht allein beim Theater, sondern auch bei der Stadtverwaltung und damit dem OB“, betonte er.

Theaterleitung und Stadtverwaltung hätten dem Theater einen Bärendienst erwiesen, sagte Güssau. Nach dem „Theater ums Theater“ vor der 2013 für die folgenden fünf Jahre gesicherten Finanzierung hätte so etwas nicht passieren dürfen. Intendant Alexander Netschajew erklärte den Kommunalpolitikern im Hauptausschuss, dass sich die 430 000 Euro einzig und allein auf Löhne und Gehälter beziehen. Durch mehrere Tariferhöhungen seien 275 000 Euro mehr als veranschlagt angefallen, durch Altersteilzeit weitere 160 000, was sich auf besagte 430  000 Euro summiert. „Die für 2015 geplante Summe entspricht der Ist-Summe von 2013, das konnte doch gar nicht klappen“, meinte Netschajew. „Ich bin froh, dass wir jetzt endlich an dem Punkt sind, offen über die auskömmliche Finanzierung des Theaters zu diskutieren“, sagte er.

Für die fehlenden Quartalsberichte sieht er die Schuld nicht bei sich. „Anfangs hat es sie gegeben, im Laufe des Jahres 2014 bin ich allerdings nicht mehr zu den Sitzungen eingeladen worden“, begründete er. „Das ist eine Bringeschuld“, meinte Henning Richter-Mendau (CDU) im Hauptausschuss.

Bereits im November 2013 hatte der Landesrechnungshof kritisiert, dass „die Verwaltung weiterhin ihre Verantwortung wahrnehmen und sich vom Intendanten ... regelmäßig Bericht erstatten lassen“ soll. Die Landesbehörde hatte sich die Zahlen für 2008 bis 2012 angesehen – also für die Zeit vor Netschajew. Eine Stellungnahme zum Bericht wurde im jüngsten Finanzausschuss besprochen. Helga Zimmermann (Linke) hatte schon dort die Quartalsberichte des Intendanten erneut angemahnt. Dieser sagte es zu, verschwieg aber die neueste Entwicklung, die er da kannte, wie im Stadtrat sagte.

Die regelmäßigen Berichte müssen unbedingt wieder aufgenommen werden, sah Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) als eine der Konsequenzen. Vor allem aber „hätte die Zahl in den Haushalt geschrieben werden müssen, die wir wirklich brauchten“. Der Ansatz sei nicht auskömmlich fürs Theater gewesen. „Das hätte ich aber im Stadtrat nicht durchbekommen“, meinte Schmotz gegenüber der Volksstimme. Im Haushalt 2016 sollen rund 400 000 mehr eingeplant werden.