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Themenwoche Aufwühlende Tage mit großer Resonanz

"Denken ohne Geländer" hieß die Themenwoche in Stendal rund um den 27. Januar. Mehr als 700 Besucher nahmen die Angebote wahr.

Von Nora Knappe 02.02.2016, 00:01

Stendal l Für manch einen mag das mit dem 27. Januar – dem Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau – verbundene Gedenkritual nicht ausreichend sein, um dem geschichtlichen und aktuellen Kontext gerecht zu werden. All jene fanden in diesem Januar in Stendal ein reichhaltiges Angebot an Vorträgen, Lesungen, Theaterstücken, Filmen, Workshops und Gesprächsrunden, um sich mit Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus, Vorurteilen und Toleranz zu befassen – vom Welcome-Café über den Film „Er ist wieder da“ und einer Spezial-Kinderuni-Veranstaltung bis hin zur aktuellen Tda-Premiere „Die Palästinenserin“ samt Vorgespräch.

Die Themenwoche „Denken ohne Geländer“ sollte die „Generationen miteinander ins Gespräch und die Menschen zum Nachdenken bringen, aber auch Möglichkeiten bieten, sich zu informieren“, sagte Professorin Katrin Reimer-Gordinskaya am Montag bei einem Auswertungsgespräch im Nachgang der Woche.

„Einige Veranstaltungen waren viel besser besucht als erwartet“, resümiert sie erfreut. 40 bis 50 Gäste seien im Schnitt dagewesen, und manches Mal mussten noch zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden. Klarer Ausreißer nach oben war mit 110 Zuhörern die Hannah-Arendt-Lesung. Und für die Lesung des TdA-Intendanten „Ein ganz gewöhnlicher Jude“ werde ob der großen Nachfrage demnächst ein weiterer Termin angeboten.

Ausgangspunkt für die Veranstaltungsreihe – bei der Stendaler Hochschule, Theater der Altmark, Evangelische Stadtgemeinde, Stadtarchiv Stendal, Winckelmann-Museum, Uppstall-Kino, Studierendenvertretung, das Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit im Landkreis Stendal sowie die Landeszentrale für politische Bildung zusammenwirkten – war ein Projekt von Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal über jüdisches Kinderleben und eine Spurensuche in der Altmark. Die Studenten stellten dabei zunehmend Bezüge zu heutigen fremdenfeindlichen Tendenzen und ideologischen Ansichten fest.

Und so wurden aus einem studentischen Forschungsprojekt schließlich zwölf Veranstaltungen über den universitären Rahmen hinaus, die während einer Woche geschätzt 720 Besucher angezogen haben.

Mit-Organisatorin Aud Merkel vom Theater der Altmark hat die Woche als eine „sehr aufwühlende“ erlebt. Sie persönlich hätten die konkreten Schicksale Stendaler Juden – anhand von Originaldokumenten im Stadtarchiv von Ina Nitzsche vorgestellt – am nachhallendsten angesprochen. Auch dass die Studenten nach dem Film „Er ist wieder da“ die Diskussion so souverän und reif geführt hätten, habe sie beeindruckt. Und dem Theater habe die Woche bewusst gemacht, dass es „nicht nur eine unterhaltenden, sondern auch eine bildende Einrichtung“ ist.

Die Veranstaltungen hätten zudem sowohl von dem Bedürfnis nach Austausch gezeugt, aber auch gezeigt, dass jede Generation sich Geschichte aufs Neue erarbeiten muss. „Da haben die Veranstaltungen Interesse geweckt und Impulse gesetzt“, so Reimer-Gordinskaya. Für ihre Studenten freue sie der Erfolg der Themenwoche insbesondere, schließlich wurde sie „von ihrer Initiative und ihrem Engagement getragen.“

Und nicht zuletzt hätten die Veranstalter „sehr viele Reaktionen bekommen und den Wunsch, solche Angebote auch weiterhin zu machen“, sagt Merkel. Das ist durchaus auch in ihrem Sinne, und mit Seitenblick zur Hochschul-Akteurin sagt sie: „Wir haben da schon Ideen und sind im Gespräch.“ Das Verhältnis von Orient und Okzident und die gegenseitige kulturelle Beeinflussung sollen dabei eine Rolle spielen.