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Plastinate Bildung oder Leichenschau?

Auf dem Schützenplatz in Stendal werden bis 14. Februar konservierte menschliche Körper und Organe ausgestellt.

Von Isabel Adolf 06.02.2016, 23:02

Stendal l Es sind vor allem die ganzen Körper, die Romina Gericke spannend findet: „Da kann man richtig in den Menschen reinschauen.“ Die 26-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zur Altenpflegerin am IWK Stendal und ist deswegen am Freitag mit ihrer Klasse hier. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sie hier auch Embryos ausstellen“, erzählt die Schülerin. Ihre Klassenkameraden Ronny Buch und Marie Christin Drews sind besonders von dem Exponat begeistert, das einen Menschen zeigt, der von Kopf bis Fuß in Scheiben zerschnitten ist: „Jeder Wirbel und Knochen ist sichtbar, das ist echt faszinierend.“

In einer Sache sind sich aber alle Schüler einig: Die mobile Ausstellungshalle ist sehr klein und zeigt zu wenige Exponate. Auch ihre Anatomie-Lehrerin Ingelore Alex ist enttäuscht: „Wir sind auf jeden Fall mit höheren Erwartungen hierhergekommen.“ Prinzipiell findet Alex es kritisch, wie hier mit der Würde des Menschen umgegangen wird: „Besser wäre es, man würde die Exponate nur Menschen zeigen, die in medizinischen Berufen arbeiten, und nicht der gesamten Öffentlichkeit.“

Gezeigt werden etwa 200 Exponate, darunter konservierte menschliche Körper sowie gesunde und erkrankte Organe im Vergleich. Lehrtafeln bieten weitere Informationen. So kann man sich zum Beispiel über die Geschichte des Rauchens und die Entstehung von Lungenkrebs schlaumachen. Zusätzlich sind eine Raucher- und eine gesunde Lunge ausgestellt, die mit einer Luftpumpe bewegt werden kann. Das Modell mit der gesunden Lunge ist jedoch momentan defekt.

Altenpflegerin Cordula Kramps, die mit ihrer Tochter hier ist, sagt im Volksstimme-Gespräch: „Die gesunde Lunge würde sich komplett aufblasen, während sich die kranke Lunge kaum sichtbar bewegt.“ Ihre Tochter findet das Organ dann doch „etwas eklig, weil es tropft. Es wird wohl feuchtgehalten“, stellt sie fest.

Für Norbert Haupt könnten die Exponate ruhig noch gruseliger sein. Trotzdem findet er durchaus spannend, was es zu sehen gibt: „Ich war vor allem neugierig, wie denn die Auswirkungen von Alkohol und Zigaretten an den Organen sichtbar sind.“ Und er weiß jetzt, dass die Gallenblase an der Leber liegt: „So etwas erfährt man ja beim Arzt gar nicht, wenn die operativ entfernt wird.“ Nochmal würde er eine Ausstellung dieser Art aber nicht besuchen.

Ganz anders Anja Nahrstedt und Peter Fürstenberg. Das Paar findet es „fantastisch“ und würde auf jeden Fall ein weiteres Mal kommen. „Kann sein, dass sich unsere Gesichtsfarbe noch ändert, ein wenig aufreibend es ist ja doch, das alles so zu sehen“, fürchtet Nahrstedt zwar, ist aber begeistert von den Exponaten: „Toll finden wir die abgezogene Haut, die einzeln gezeigt wird, und auch die inneren Organen. Da sieht man mal, wie die Leber eines Alkoholikers aussieht.“

Die Ausstellung „Echte Körper – Von den Toten lernen“ ist noch bis zum 14. Februar täglich von 11 bis 18 Uhr in Stendal auf dem Schützenplatz zu sehen.