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Tastmodell Rotarier tasten sich heran

Das Tastmodell am Winckelmannplatz ist mittlerweile über ein Jahr hinter dem Zeitplan. Spätestens im November soll das Modell jetzt stehen.

Von Thomas Pusch 16.03.2016, 00:01

Stendal l In Situationen wie dieser wird gerne der Berliner Flughafen bemüht, etwas seltener noch die Hamburger Elbphilharmonie. Stehen diese beiden Projekte doch für einen völlig aus dem Ruder gelaufenen Zeitplan. So ist es auch beim Tastmodell der Stendaler Altstadt, dessen Verwirklichung der damalige Rotary-Präsident Kay Timm vor gut zwei Jahren für Anfang 2015 ankündigte. Ein weiterer Jahresbeginn ist ins Land gezogen, vom Tastmodell, das nicht nur Blinden und Sehbehinderten die Stadt auf originelle Art und Weise näherbringen soll, noch immer keine Spur.

Am Montag traf sich eine Arbeitsgruppe des Rotary-Clubs um Präsident Karl-Friedrich Reckling mit dem Bildhauer Egbert Broerken. Mit der Spitze in Richtung Berlin wollte Reckling auch einen Ansporn in Richtung Westfalen schicken. In der Nähe von Soest ist der Künstler tätig. Und er entschuldigte sich für die Zeitverzögerung, die einer Verkettung misslicher Umstände geschuldet sei.

Die Feldscheune hinter dem Wasserschloss, in dem er lebt und arbeitet, brannte vor zwei Jahren ab. Darin waren zahlreiche Gussformen aus Gips und Kunststoff gelagert, es dauerte einige Zeit, bis Broerken diesen Verlust aufgearbeitet hatte. Ein Brandstifter war zu jener Zeit in der Gegend unterwegs. Insgesamt 18 Feuer sollen auf sein Konto gehen. Dann spielte Broerken das Schicksal ein weiteres Mal übel mit. Durch einen Blitzeinschlag gingen zahlreiche Pläne und andere Daten, die er auf seinem Computer gespeichert hatte, verloren. Der dritte unglückliche Umstand schließlich hätte noch schlimmer ausgehen können. „Ich wollte eine Straße überqueren, da hätte mich ein Auto fast erwischt“, erzählte er. Nur durch einen waghalsigen Sprung – „Da hätte ich bei Olympia sicherlich Gold im Weitsprung geholt“, konnte er darüber schon wieder lächeln – entging er Schlimmerem. Allerdings zog er sich einen Muskelriss zu, an dem er einige Wochen laborierte.

Nun aber soll es losgehen. Und das ist auch wörtlich zu nehmen. „Ich muss nochmal ganz von vorne anfangen“, sagte Broerken. Er hatte schon einmal alles vorbereitet, aber seitdem habe sich manches in der Stadt verändert. So rechnete er damit, dass das Modell bis zum Frühjahr kommenden Jahres fertig sein würde.

Dieser Terminvorschlag stieß bei den Rotariern aber so ganz und gar nicht auf Gegenliebe. „Wir hatten durchaus die Hoffnung, dass es noch in diesem Jahr klappen würde“, meinte Vorstandsmitglied Daniel Jircik. „Ich brauche allein zwei bis zweieinhalb Monate für das Gießen“, rechnete Broerken vor. Er wolle keinen Handel treiben, meinte Reckling, „aber ließe sich da nicht etwas bis zum Herbst schaffen?“ Möglicherweise November, meinte Broerken, aber das sei doch nicht mehr die richtige Saison, schließlich werde es dann schon kalt. „Ehrlich gesagt wäre uns November lieber als kommendes Jahr“, insistierte Jircik. Broerken überlegte einen Moment, stimmte dann zu.

Über mangelnde Beschäftigung kann Broerken indes nicht klagen. Mit acht Projekten ist er derzeit befasst. Vorrangig fertigt er in dem kleinen Unternehmen, das er zusammen mit seinem Sohn führt, und in dem außerdem eine gelernte Architekturmodellbauerin arbeitet, Modelle von Alt- und Innenstädten an. Es gibt aber auch Einzelmodelle von Kirchen, beispielsweise dem Mainzer Dom.

Von Stendal entsteht eine Modellansicht der Altstadt, begrenzt durch die Wallanlagen. Der Maßstab wird 1:650 betragen, auf einer Platte, die 1,7 mal 1,1 Meter groß sein wird. Den Rotariern ist es auch wichtig, dass der Zeitplan eingehalten wird, weil sie auf finanzielle Unterstützung durch die übergeordnete Rotary Club Foundation hoffen. Die hatte einen Anteil im vergangenen Jahr schon zugesichert, den die Stendaler Rotarier aber dankend ablehnen mussten, weil nicht feststand, wann das Modell umgesetzt wird. Die Kosten für das Modell selbst werden bei etwa 30 000 Euro liegen, der Sockel kostet weitere 5000 bis 10 000 Euro.