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Internet-Delikt An Haftstrafe „vorbeigeschrammt“

Ein 50-Jähriger ist jetzt vom Amtsgericht Stendal wegen des Zeigens verfassungswidriger Kennzeichen verurteilt worden.

Von Wolfgang Biermann 23.03.2016, 18:12

Stendal l Weil er im Vorjahr über Monate hinweg auf seinem Facebook-Account ein Hitler-Video sowie ein Foto von einem Mann mit Hakenkreuz auf der Brust und ein Hitler-Konterfei auf einem manipulierten Fünf-Euro-Schein öffentlich für jeden Facebook-Nutzer sichtbar ins Netz eingestellt hatte, ist ein vielfach vorbestrafter 50-Jähriger aus einem Dorf bei Stendal wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen jüngst vom Amtsgericht Stendal zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 13 Euro (1170 Euro) verurteilt worden. Er sei „knapp an einer Freiheitsstrafe vorbeigeschrammt“, hieß es im Urteil für den 2007 schon einmal wegen Zeigen des sogenannten Hitlergrußes einschlägig Vorbestraften.

Nachdem sich der Angeklagte wie schon bei der Vernehmung durch die Polizei zunächst unwissend und uneinsichtig gezeigt hatte und angab, Video und Fotos „aus Versehen geteilt“ zu haben, gestand er nach einem eindringlichem Appell von Staatsanwalt und Gericht die Taten ein. Im sozialen Netzwerk Facebook kann jedermann Nachrichten verbreiten, die dann von anderen übernommen (im Fachjargon „geteilt“) und auch kommentiert werden können.

Im Falle einer umfangreichen Beweisaufnahme und sich daraus womöglich erweisender Schuld könnte es zu einer Haftstrafe kommen, hatte die Botschaft an den Angeklagten gelautet. Und dieser Botschaft konnte sich der 50-Jährige offensichtlich nicht verschließen.

Ein Mann aus Bayern, der laut Gericht das Internet wohl ständig nach derartigen Straftatbeständen durchforstet, hatte die Bilder auf Facebook gesehen und eine Anzeige erstattet. Ein Beamter des Polizeireviers Stendal sagte als Zeuge aus, dass der Angeklagte die strafbewehrten Bilder und das Video „bewusst geteilt“ habe. Dazu bedürfte es zweier Arbeitsschritte am Computer und passiere mithin sehr bewusst. Für deutsche Ermittler sei es schwierig, derartige Fälle zu verfolgen und Facebook zum Löschen solcher Einträge zu veranlassen. Denn der Facebook-Firmensitz befinde sich in den USA und dort herrsche eine andere Rechtsauffassung vor, was das Verwenden von in Deutschland verbotenen Fotos und Videos betrifft. Ähnlich verhalte es sich mit dem Google-Tochterunternehmen YouTube.

In seinem Letzten Wort hatte der Angeklagte gesagt, dass ihm das Ganze leid tue: „Ich werde es nicht wieder machen.“ Ob er mit dem von ihm Verbreitetem sympathisiert blieb offen, spielte für die Strafzumessung auch keine Rolle, da es sich um ein „abstraktes Gefährdungsdelikt“ handelt und es dabei nicht auf die innere Einstellung des Täters ankommt, so das Gericht. Der 50-Jährige nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an, es ist rechtskräftig.