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Krug und Brüning Wiederhören mit alten Bekannten

Manfred Krug und Uschi Brüning traten am Sonnabend im vollbesetzten Großen Haus des Theaters der Altmark auf.

Von Thomas Pusch 11.04.2016, 01:01

Stendal l Nur ein einziges Mal hatte Manfred Krug am Samstagabend das Publikum im Theater der Altmark gegen sich. Als er vom halb verfallenen Stendal sprach. Die Proteste fing er schnell auf, sagte, dass dieser Eindruck aus der Zeit sei, als er noch versuchte, ein braver DDR-Bürger zu sein. Damals habe er sich immer gefragt, warum sich der französische Schriftsteller Henry Beyle nach dieser zerbröselten Stadt Stendhal benannt habe. Diese Geschichte werde sicherlich in Stendal in Heimatkunde gelehrt, hatte der Künstler das Publikum mit einem Lacher schnell wieder auf seiner Seite und schickte noch ein „Ich bin platt, wie schön hier alles geworden ist“, hinterher. Die Harmonie war wieder hergestellt.

Auf der Bühne herrschte sie ohnehin den ganzen Abend. Krug trat zusammen mit Uschi Brüning auf, die jüngst in einem Interview bekannt hatte, sich mit ihm fast genauso gut zu verstehen wie mit ihrem Ehemann. Wenn dem so ist, dann muss sie sich mit ihrem Gatten glänzend verstehen. Anders wäre nicht zu erklären, wie sich die beiden Musiker in ihren Duetten so hervorragend ergänzen. „Uschi, du hast die ganze Zeit durchgehalten, Respekt, ich war ja zwischenzeitlich weg“, spielte Krug darauf an, dass er 1977 die DDR verlassen hatte, nachdem sein Ausreiseantrag genehmigt worden war. Im Osten Deutschlands hatte er sich als Jazzsänger einen Namen gemacht, im Westen wurde er zunächst als Schauspieler in Fernsehserien wie „Auf Achse“ und „Liebling Kreuzberg“ bekannt.

Dass ihm der Jazz aber im Blut steckt, zeigte er auf der Bühne des TdA, wenn er auch etwas hohlwangig und in leicht gebückter Haltung über die Bühne ging. An jenem Abend sei er sowieso etwas indisponiert gewesen. „Aber deswegen sage ich doch nicht den ganzen Abend ab, dafür bin ich viel zu geizig“, holte er sich den nächsten Applaus.

Den gab es aber natürlich in erster Linie für die musikalischen Glanzlichter. Ob bei der von Krug übersetzten Version des Klassikers „It‘s cold outside“ oder dem großartigen „Quando, quando, quando“ von ihrer gemeinsamen Scheibe „Auserwählt“, die vielleicht ein wenig zu offensiv von den beiden Jazzgrößen beworben wurde. Aber das Publikum ging auch darüber hinweg, schließlich saßen dort vorne zwei alte Bekannte, auf die man lange gewartet hatte und von denen man nicht weiß, ob man sie noch einmal so wiedersehen wird. Ob Brünings „Black Coffee“ oder Krugs deutsche Version des Liedes von Kermit dem Frosch aus der Sesamstraße, „Es ist nicht leicht, so grün zu sein“, das waren große musikalische Momente.

Ermöglicht nicht zuletzt durch die vierköpfige Band: Andreas Bicking am Saxophon, Komponist und Produzent von über 200 Songs und Filmmusiken; Matthias Bätzel gilt als große Entdeckung an der Hammond-B3-Orgel; Wolfgang „Zicke“ Schneider ist nicht nur der Drummer des legendären „Günther Fischer Quintetts“, sondern auch einer der gefragtesten Studiomusiker; und Bassist Tom Götze studierte von 1984 bis 1990 Tuba, Bassgitarre und Kontrabass an der Musikhochschule in Dresden. Bei mehreren Soli zeigten die vier, dass sie nicht nur schmückendes Beiwerk sind.

Krug amüsierte mit zwei Kurzgeschichten, eine hat dumpfe DDR-Zöllner zum Objekt des Spottes, die andere die machtbewusste Besatzung eines amerikanischen Flugzeugträgers. Beide haben ein überraschendes Ende. – Der Konzertabend nicht, denn als „Es war schön“ und schließlich „Ade“ erklangen, war klar, dass der Moment des Abschieds gekommen war. Doch die Traurigkeit darüber wich bei den Zuhörern sehr schnell der Beseeltheit, die ein Abend wie dieser auszulösen vermag.