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Cosplay Via Rollenspiel nach Japan

Am Sonnabend treffen sich wieder Manga- und Anime-Fans in Stendal. In ihren Kostümen spazieren sie vom Bahnhof zum Schwanenteich.

Von Donald Lyko 07.02.2017, 00:01

Stendal l Daran, dass die heute 19-jährige Hanna Springer aus Schönhausen leidenschaftliche Anime-Liebhaberin und Cosplayerin ist, sind ihre beiden älteren Schwestern nicht ganz schuldlos. Denn die Geschwister hatten sich, als Hanna noch ein kleines Mädchen war, im Fernsehen immer Animes angeschaut, diese in Japan produzierten Zeichentrickfilme, und Mangas gesammelt, die japanischen Comics. „Als ich zehn Jahre alt war, hat mich meine Schwester zu einem Event in München mitgenommen“, erinnert sich Hanna: „Ich war total fasziniert.“

Als Elfjährige bekam sie dann ihr erstes Kostüm und durfte damit ein Japan-Fest in München besuchen, wo sie seinerzeit lebte. Ein Kostüm – dabei ging und geht es nicht nur ums Verkleiden. Es geht darum, in die Charaktere zu schlüpfen, bekannte Filmhelden oder Phantasiefiguren darzustellen. Cosplay heißt das, wobei das Wort aus den englischen Begriffen costume für Kostüm und play für Spiel zusammengesetzt wird.

Seit diesen ersten Erlebnissen in der Rollenspiel-Szene ist Hanna Springer mit Leidenschaft dabei. Nach dem Umzug in die Altmark – damals war sie 13 – auch im Norden Sachsen-Anhalts. Denn selbst hier, außerhalb der großen Städte, fand sie Gleichgesinnte. In der Schule lernte sie Michelle Höink kennen, mit der sie zusammen eine Facebook-Seite hat, auf der unter anderem verschiedene Kostüme gezeigt werden.

Beim Entwerfen und Schneidern, beim Anfertigen der Accessoires helfen sich die Player gegenseitig. „Ich cosplaye meist Figuren, die im Charakter zu mir passen“, erzählt die 19-Jährige, die derzeit eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten absolviert. Das Aussehen spiele dabei auch eine Rolle. So können sie recht schwer jemanden darstellen, der ein kantiges Gesicht hat. Ansonsten probiert Hanna Springer vieles aus. Mal ist sie eine Figur aus einem Zeichentrickfilm, dann aus einem Computerspiel, mal ein Vampir oder eine Kriegerin. Ihr Motto: „Ich spiele, was mir gefällt.“ Dazu gehören auf jeden Fall Figuren aus ihrem Lieblingsanime „Kenshin“. Zu ihren Favoriten gehört außerdem der fiktive Filmheld Saruhiko Fushimi, ein schlanker junger Mann mit unordentlichen schwarzen Haaren und blauen Augen. In einigen der Rollen war Hanna bereits auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt unterwegs. Mittlerweile hat sie einen großen Kostümfundus daheim. „Ich kann mich schwer trennen, an jedem Cosplay hängt ja eine Erinnerung.“

Doch auch außerhalb des Cosplayens beschäftigt sich die 19-Jährige mit Japan. „Mich interessiert besonders die Edo-Zeit, als Tokio als Hauptstadt noch Edo hieß.“ Sie liest viel über das Land, schaut Animes – und schreibt selbst Geschichten. Das Rollenspiel soll weiterhin nur ein Hobby bleiben. Da hat die 19-Jährige übrigens noch ein anderes. Sie sammelt Schneekugeln mit Abbildungen von Orten darin, die sie besucht hat. Reisen und die Welt entdecken, das möchte die junge Frau in den kommenden Jahren noch viel mehr. Nach Japan? Ja, das auch, aber noch größer ist der Wunsch, in die Karibik zu reisen.

Doch an diesem Wochenende haben sie und die anderen Mitglieder der Organisationsgruppe anderes vor: Sie sind Gastgeber und Teilnehmer der MiCon-Stendal. Den Namen für dieses Manga- und Anime-Treffen haben sie aus der Verknappung von Mini-Convention kreiiert, der kleinen Version einer Veranstaltung, bei der sich Gleichgesinnte treffen. Das „Mi“ steht aber auch für den Mikrokosmos einer kleinen Stadt.

„Mit der MiCon möchten wir den Menschen zeigen, wie bunt und außergewöhnlich die Welt sein kann“, sagt die Schönhauserin. Die Cosplayer möchten ihr Hobby vorstellen mit dem Ziel, nicht mehr ganz so oft belächelt zu werden. Darum sind am Sonnabend Zuschauer willkommen – und natürlich weitere Mitstreiter. Hanna: „Wir wünschen uns, dass unsere kleine Gesellschaft an Größe gewinnt.“