1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Achereiner: "Sterbezimmer gab es nie"

Kreissparkasse Achereiner: "Sterbezimmer gab es nie"

Der Vorstandsvorsitzende der Stendaler Kreissparkasse weist Vorwürfe zum Mitarbeiter-Mobbing im eigenen Hause zurück.

Von Egmar Gebert 24.06.2017, 01:01

Stendal l „Dicke Luft in der Kreissparkasse?“, titelte die Volksstimme am Donnerstag. Für Jörg Achereiner, Vorstandsvorsitzender des Geldinstitutes, ist die Antwort auf diese Frage ein klares Nein. Die Grundstimmung sei gut, versichert der Sparkassen-Chef am Freitag im Gespräch mit der Volksstimme. „Man darf aber auch nicht erwarten, dass die Leute, die von diesen Veränderungen betroffen sind, Juchhu schreien“, kommentiert Achereiner die Tatsache, dass die Umstrukturierung des Unternehmens für Mitarbeiter auch Konsequenzen hat, die nicht auf Gegenliebe stoßen.

Dennoch führe kein Weg daran vorbei, dass sich das Unternehmen „aus Kostengründen verändern muss“. Zwei Argumente führt Jörg Achereiner dafür ins Feld: Die Niedrigzinsphase, mit der die Ertragslage – nicht nur für die Sparkasse – unter Druck gerate. Auf der anderen Seite zwinge die demografische Entwicklung zu Reaktionen darauf, denn: „Natürlich haben wir dadurch auch Kunden verloren. Das führt zu Anpassungen des Stellenplans.“ Und die seien Bestandteil der Umstrukturierung, die allerdings nicht „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“ über die Mitarbeiter der Kreissparkasse hereingebrochen sei.

Bereits Ende vergangenen Jahres – Achereiner nennt den Monat November 2016 – seien die Mitarbeiter über „das Vorhaben“ informiert worden. Auch darüber, dass sich dieser Veränderungsprozess über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren erstrecken werde. Im Dezember 2016 habe die Umsetzung begonnen.

Auf das dafür entwickelte „Altersmodell“ der Kreissparkasse angesprochen, versichert Achereiner: Es sei so gestaltet, dass weder aktuell noch perspektivisch jemand, der mit diesem Programm vorzeitig ausscheidet, schlechter gestellt sie, als wenn er bis zur Rente weiterarbeiten würde. Eventuelle Einbußen würden über Abfindungen abgefangen.

Über dieses Programm werde sich die Kreissparkasse in den kommenden zwei Jahren von etwa 30 Leuten trennen, sagt Achereiner auf Nachfrage. Derzeit beschäftigt das Kreditinstitut 255 Mitarbeiter. Der Sparkassen-Chef zu diesem Punkt abschließend: „Ich denke schon, dass wir damit ein Modell gefunden haben, das ankommt.“ Was wiederum nicht heiße, dass es jeder annehmen würde, doch: „Die ablehnende Seite ist extrem gering.“

Dass es sie gibt, stellt Jörg Achereiner nicht in Abrede. Auch nicht, dass Mitarbeiter in die „Personalreserve“ gestellt und als „Springer“ in verschiedenen Arbeitsbereichen eingesetzt würden.

Was der Sparkassen-Chef aber zurückweist, ist der Vorwurf, diese Mitarbeiter hätten in einem fensterlosen Kelleraum – auch „Sterbezimmer“ genannt – arbeiten müssen. „Das ist schon eine ziemlich böse Unterstellung. So ein Zimmer hat es nie gegeben. Richtig ist, dass diesen Mitarbeitern ab dem 7. April ein Arbeitsraum im Hochparterre der Kreissparkasse zur Verfügung stand. Das einzige Problem in diesem Büro war die nicht funktionierende EDV.“

Dieses Problem sei inzwischen gelöst. Die Springer würden nun im Büro des Personalrats sitzen und dort arbeiten können. Das Büro werde auch künftig so genutzt, wobei die Kreissparkasse sich bemühen werde, die Zeiten, in denen Mitarbeiter von dort aus arbeiten müssen, gering zu halten.

Ein weiterer Kritikpunkt, der im Raum steht, betrifft die Versetzung von Mitarbeitern, die für diese nicht nachvollziehbar und mit weiten Fahrten zur Arbeit verbunden sein sollen. Jörg Achereiner zu diesem Vorwurf: „Wir haben auch hier in sehr enger Abstimmung mit dem Personalrat geschaut, dass wir für die Mitarbeiter verträgliche Lösungen finden. Wir haben uns das nicht einfach gemacht.“ Grundlage sei eine „Kundensegmentierung“ gewesen, sprich eine Analyse der Kundenstämme. „Dort, wo es weniger Kunden gibt, braucht man leider auch weniger Personal. Das ist das Übergeordnete. Darüber hinaus gibt es ein, zwei Veränderungen“, so der Sparkassen-Chef. So sei es zum Beispiel „ein Gebot der Fairness“, Mitarbeiter, die aus einer Führungsposition ausscheiden, an einem neuen Standort einzusetzen.

Dass sich nun auch der Verwaltungsrat der Kreissparkasse – das Aufsichtsgremium des Geldinstituts – mit den Vorwürfen befassen wird, akzeptiert Jörg Achereiner. Zwar seien Personalangelegenheiten Sache des Vorstandes, aber: „Wir werden auch dem Verwaltungsrat zu diesen Fragen mit voller Transparenz gegenübertreten.“

Verdi-Gewerkschaftssekretärin Katrin Behrens, die sich für jene Kollegen in der Kreissparkasse einsetzt, die die Veränderungen in ihrem Unternehmen nicht so problemlos und mitarbeiterfreundlich interpretieren wie der Vorstandsvorsitzende, war am Freitag trotz Zusage für die Volksstimme nicht erreichbar. Behrens hatte am Donnerstag knapp vier Stunden mit dem Personalrat über die Probleme bei der Umstrukturierung gesprochen, sich aber noch nicht dazu äußern wollen. Das hatte sie für Freitag angekündigt.