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Amtsgericht Stendal Polizei musste Angeklagten Zuhause abholen

Ein 27 Jahre alter Mann aus Tangermünder gab beim Richter an, dass er "Magen-Darm" habe und deswegen nicht vor Gericht erschienen sei.

Von Wolfgang Biermann 27.05.2016, 17:31

Stendal l Acht Zeugen waren zur Fortsetzung eines Prozesses geladen, bei dem es für einen 27-Jährigen aus einem Ortsteil von Tangermünde um neun, teils schwerwiegende Anklagen geht: Bedrohung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung, Diebstahl, Fahren unter Drogen, aber ohne Fahrerlaubnis, Drogenbesitz… So soll er seinen Vater geschlagen und diesen, wie auch seine Mutter, mit dem Tod bedroht haben.

Wer um 8.45 Uhr nicht zum dritten Prozesstag im Amtsgericht erschien, war der Angeklagte. Gleichwohl in der Sache letztlich gar nicht verhandelt wurde, wurde die Geduld der Prozessbeteiligten auf eine harte Probe gestellt. Schließlich erließ Amtsrichter Rainer Mählenhoff um 12 Uhr, also mehr als drei Stunden nach dem geplanten Prozessbeginn, gegen den von der Polizei zu Hause angetroffenen und vorgeführten Angeklagten Haftbefehl, und kam der offenbar unter Drogen stehende 27-Jährige in ein Haftkrankenhaus. Angeblich habe er „Magen und Darm“ und hätte deshalb einen Arzt aufsuchen wollen, versuchte der Angeklagte sein Nichtkommen zu erklären. Einer Justizbediensteten war indes im Saal aufgefallen, dass sich der Angeklagte eigenartig benahm. Ein Drogentest bestätigte ihre Annahme. 

Zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit sollte er der Amtsärztin vorgestellt werden. Doch die war nicht erreichbar. Und so ließ das Gericht den diensthabenden Notarzt aus dem Krankenhaus kommen. Dieser habe seine Bedenken bezüglich der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten nicht zerstreuen können, aber immerhin festgestellt, dass er für die Fahrt ins Haftkrankenhaus Leipzig transportfähig ist, sagte Richter Mählenhoff. Den Haftbefehl habe er erlassen, um zu gewährleisten, dass der Angeklagte auch zum nunmehr anberaumten nächsten Prozesstermin am 30. Mai kommt.

Am Rande wurde bekannt, dass es zwei weitere Anklagen gegen den 27-Jährigen gibt, insgesamt jetzt also elf. Spektakulär war ein SEK-Einsatz im Vorjahr wegen vermuteten Waffenbesitzes, der sich wohl aber nicht bestätigte. Am 27. Januar war die Polizei mit drei Streifenwagen angerückt, um der Beleidigung eines Nachbarn ein Ende zu bereiten. Dabei soll der Angeklagte einem der sieben im Einsatz befindlichen Polizisten die Haustür mit voller Wucht gegen den Kopf geschlagen haben. Erst mit Pfefferspray konnte er gebändigt werden, hatte der betroffene Polizist beim Prozessauftakt ausgesagt.werden.

Anschließend war der Angeklagte kurzzeitig in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht worden. Im Raum steht eine dauerhafte Unterbringung. Dazu müsste er aber vorab psychiatrisch begutachtet werden.