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Amtsgericht Stendal Ungeduldig vor Bordell gewartet

Ein 29-Jähriger ist ohne Fürherschein in Tangermünde unterwegs gewesen. Vor Gericht wartete er mit einer originellen Geschichte auf.

Von Wolfgang Biermann 29.08.2016, 16:38

Stendal l Absonderlich skurril klingen zuweilen Erklärungen von Angeklagten, wenn sie zu den ihnen vorgeworfenen Taten befragt werden. So auch in einem Fall, bei dem es vor dem Stendaler Amtsgericht für einen 29-Jährigen mit 14 Einträgen im Strafregister vordergründig um eine Fahrt ohne Fahrerlaubnis in Tangermünde, aber auch um Fahren unter Alkohol- und Rauschgifteinfluss ging. Am Ende wurde er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt und die Strafe für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss er 300 Euro an die „Welthungerhilfe“ zahlen.

Nach Version des zur Tatzeit unter Bewährung stehenden Angeklagten geschah folgendes: Er hätte am 27. Dezember vorigen Jahres zusammen mit einem Kumpel „im Club“ in Havelberg „Party gemacht“, sagte der jetzt in Nordrhein-Westfalen lebende 29-Jährige. Der Kumpel hätte ein Bordell aufsuchen wollen, in Havelberg sei aber keine Prostituierte erreichbar gewesen. Der Kumpel hätte ihm daraufhin 1000 Euro geboten, wenn er ihm in Tangermünde ein Bordell zeige. Er will zu dem Kumpel als Beifahrer in dessen BMW gestiegen sein, schon seit 2009 besitzt er selbst keine Fahrerlaubnis mehr.

Der Kumpel hätte sich in Tangermünde zu einer Prostituierten begeben, und er will vor dem Haus gewartet haben, gab der Angeklagte an. Das hätte ihm aber zu lange gedauert. Er sei mit dem BMW des Kumpels zu einer Tankstelle gefahren, um Getränke und Zigaretten zu holen – und ist prompt erwischt worden. Denn zwischenzeitlich war der Kumpel aus dem Bordell gekommen, hatte Auto und Kumpel vermisst und die Polizei gerufen.

Eine Anzeige wegen unbefugter Pkw-Benutzung hatte der Kumpel aber nicht erstattet, so dass diese Sache nicht vor Gericht verhandelt wurde. Seit 2013 lebe er straffrei und sei eigens aus der Altmark weggezogen, weg von „alten Freunden“, die ihn immer wieder zu Straftaten verleitet hätten, gab sich der Angeklagte reumütig.

Und das bewog auch den Amtsrichter zur Verhängung der von der Staatsanwaltschaft beantragten „ausgesprochen milden Strafe“. Allerdings kommen neue Probleme auf den Angeklagten zu. Bei der routinemäßigen Einlasskontrolle im Amtsgericht fand ein Justizwachtmeister Extasy, Amphetamin und Cannabis in seiner Geldbörse. Die hinzugerufene Polizei nahm die Ermittlungen auf, ein neuer Prozess steht ihm also wahrscheinlich bevor.