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Aschermittwoch Im Verein der klaren Sprache

Der Stendaler CDU-Kreisverband hatte zum Politischen Aschermittwoch eingeladen. Gastredner war Polizei-Gewerkschafter Rainer Wendt.

Von Donald Lyko 16.02.2018, 02:00

Stendal l Rainer Wendt kommt viel herum. Beruflich als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, als CDU- und CSU-Mitglied zu diversen Parteiveranstaltungen. So auch am Mittwochabend zum Politischen Aschermittwoch des Stendaler CDU-Kreisverbandes. Begleitet von den Stendaler Stadtmusikanten und dem Beifall der Gäste zog der Gastredner in der Festsaal des „Schwarzen Adlers“ ein – ganz im Stil Politischer Aschermittwoche. Die kennt Rainer Wendt, der gebürtige Duisburger, aus seiner mittlerweile bayerischen Heimat. Noch in der Strauß-Zeit hat er die legendären CSU-Aschermittwoche in Passau miterlebt. „In Stendal ist es etwas kleiner, aber die Stimmung ist genauso gut“, freute sich der Gewerkschafter.

Doch bevor er als Redner loslegte, übernahm ein gut aufgelegter Chris Schulenburg, um „aktuelle Tagespolitik aufs Korn zu nehmen, ohne dafür Dresche zu bekommen“. Wenn er auf die anderen Parteien blicke, so der CDU-Kreisvorsitzende, „dann habe ich schon etwas Mitleid“. Zum Beispiel mit der ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Marina Kermer. „Sie wollte im Wahlkampf den Wegzug aus der Altmark stoppen, aber die gewieften Altmärker haben ihr die gepackten Koffer vor die Tür gestellt.“

Ja, die SPD, die es in der großen Hansestadt Stendal nicht schaffe, einen Vorsitzenden zu finden. Weil die CDU nicht wolle, „dass die große Arbeiterpartei SPD ins Bodenlose rutscht“, rief Schulenburg seine Parteifreunde zur Solidarität auf: Wer daheim im dunklen Keller noch Platz hat, sollte sich melden, damit die SPD dort ihre Kartons mit Unterlagen unterstellen kann – damit es für später wenigstens noch ein Archiv gibt. Ob AfD-Landtagsabgeordneter Ulrich Siegmund („Er guckt immer so selbstverliebt in die Kamera des Landtages, in Magdeburg nennt man ihn schon Hans-guck-in-die-Luft“), ob die Linken, deren Rote-Schal-Aktion in Tangerhütte wenig besucht war („weil den Bürgern selbst die Linken zu eiskalt geworden sind“) – Chris Schulenburg teilte ordentlich aus und fühlte sich sichtlich wohl in der politischen Bütt.

Das kündigte sich schon an, als er zur Begrüßung zum Freibier einlud und um Spenden bat für den Julianenhof Havelberg, ein DRK-Wohnheim für Schwerstbehinderte. Bei den Spenden handele es sich nicht um CDU-Schwarzkassen, „wir wollen auch nicht den Wahlfälscher G. freikaufen“. Der solle weiter bei Brot und Wasser in Halle sitzen, sagte Schulenburg – an dieser Stelle blieb der Applaus allerdings aus an einem Abend, an dem viele Aussagen kräftig beklatscht wurden.

Beifall gab es reichlich für Rainer Wendt, der sich in seiner manuskriptfreien Rede dem „starken Staat“ widmete. Dabei machte er eine Vielzahl von Forderungen auf: die nach starker Polizei und starker Justiz („Wir brauchen Richter, die nicht nur etwas von Paragrafen verstehen, sondern auch vom Leben“); die, mit dem Wahlrecht kein Schindluder zu treiben („Es ist zu schade, um damit Protest auszudrücken“); die nach Altersbestimmungen von Flüchtlingen („Wer Jugendschutz in Anspruch nehmen will, muss nachweisen, dass er Jugendlicher ist. Wer Mutterschutz will, muss auch nachweisen, schwanger zu sein“). Und er forderte – mit Blick auf die Angriffe auf Polizisten und Einsatzkräfte – „ein größeres Bekenntnis zum Staat und zu den Leuten, die dafür arbeiten“. Flüchtlingspolitik, Sicherung der Grenzen, die Polizeistärke – in einer guten Mischung aus launig und provokant brachte Rainer Wendt vieles in seiner Rede unter.

Das hat auch Hardy Peter Güssau begeistert, denn es sei wichtig, „klar und ohne Schnörkel zu reden. Das vermisst man heute in der Politik sehr“. Gäbe es einen Verein der klaren deutschen Sprache, „möchte ich mich als Präsident bewerben – wenn ich schon nicht Landtagspräsident sein kann“, sagte der Vorsitzende des Stendaler CDU-Stadtverbandes. Damit möglichst viele Rainer Wendts klare Worte hören, gab es ein passendes Geschenk: ein Megafon.

Güssau nutzte den Abend für einen Blick auf die Kommunalwahlen 2019 und „eine Kampfansage an die politischen Mitbewerber“. Er werde nicht sagen: „Da gibt es in die Fresse, bis es quietscht.“ Das sei nicht seine Sprache. „Ich sage aber schon einmal die Wacht am Rhein an, oder besser die Wacht an Uchte, Tanger, Elbe, Biese und Havel in unserem Landkreis.“ Kritisch und ehrlich zu sein, dazu ermunterte er seine Parteifreunde – und machte gleich den Anfang. Güssau bekräftigte, dass er gegen die Erstaufnahmeeinrichtung für Ausländer in Stendal ist. „Ich möchte nicht, dass Stendal ein zweites Cottbus wird.“