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Aus dem Gericht Aufgelauert und Wegzoll gefordert

Zu ihrem Prozess ist eine 30-Jährige nicht vor dem Amtsgericht in Stendal erschienen. Zum nächsten Termin soll sie nun vorgeführt werden.

Von Wolfgang Biermann 12.06.2017, 12:21

Stendal l Um mehrere, teils schwerwiegende Anklagen ging es jüngst am Amtsgericht für eine gerichtsbekannte Stendalerin, unter anderem um räuberische Erpressung – ein sogenannter Verbrechenstatbestand. So soll die 30-Jährige eine anderen Frau am 30. Juni vorigen Jahres am Eingang eines Einkaufsmarktes in der Moltkestraße abgefangen und versucht haben, ihr ein Handy abzunehmen. Dabei soll sie die Frau auch geschubst haben.

Schon drei Wochen zuvor, nämlich am 8. Juni, soll sie der selben Frau, offenbar eine Bekannte, an deren Wohnungstür im Wohngebiet Stadtsee aufgelauert und mit den Worten „Ich bekomme jetzt 20 Euro dafür, dass du den Weg zum Altmarkforum benutzt hast“ die Herausgabe von Bargeld gefordert haben. Die Angeklagte soll die Frau zur Unterstreichung ihrer Forderung auch an den Haaren gezogen haben. Das Amtsgericht hatte vor einiger Zeit dazu schon mal einen Prozess gegen sie geführt und im Ergebnis das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt. In sechs Monatsraten zu je 50 Euro sollte die Angeklagte insgesamt 300 Euro an ihr Opfer zahlen.

Doch die Angeklagte zahlte nicht. Daraufhin rollte die Vorsitzende des Schöffengerichts, Richterin Petra Ludwig, den Prozess jetzt neu auf. Dazu erschien wohl die Verteidigerin der Angeklagten, sie selbst jedoch nicht. „Ich habe keinen Kontakt zu ihr“, ließ die Anwältin das Gericht wissen. „Das macht mich jetzt eher ratlos“, blickte Richterin Ludwig in Richtung Staatsanwältin und Opferanwalt. Er vertritt die Interessen der Geschädigten im Prozess.

„Strafbefehl geht nicht“, weil es diesbezüglich schon einen ersten Prozess gab, so Ludwig. Und: „Ein Haftbefehl wäre, wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.“ Theoretisch bestünde wohl die Möglichkeit, die Angeklagte bis zur Neuauflage des Prozesses ins Gefängnis zu bringen. Doch dass schätzte Richterin Ludwig anhand ihrer im ersten Prozess gemachten Erkenntnisse als unverhältnismäßig im Bezug auf den Tatbeitrag ein.

Zum nächsten Prozesstermin, der hier bewusst nicht genannt wird, soll die Angeklagte, die sich bei den Ermittlungen weder zur Sache noch zu ihrer Person eingelassen haben soll, nun von der Polizei vorgeführt werden. Dem Vernehmen nach könnten Eifersüchteleien um einen Mann Auslöser der Taten gewesen sein.

Er sei nicht dieser Mann, beteuerte ein Zeuge auf Nachfrage außerhalb des Verfahrens. Er verbüßt zurzeit in der JVA Burg eine Haftstrafe und war von dort zum Prozess gebracht worden. „Ich kenne die nicht“, sagte er. Zum nächsten Termin bleibt ihm nun eine Aussage erspart – und dem Steuerzahler die Transportkosten.