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Ausstellung Die Frau, die Winckelmann malte

Ein Porträt machte Angelika Kauffmann berühmt: das von Winckelmann. Das Winckelmann-Museum Stendal widmet ihr eine Ausstellung.

Von Nora Knappe 11.08.2016, 01:01

Stendal l Wer Winckelmann kennt, sollte auch sie kennen: Angelika Kauffmann. Denn mit einem Porträt, das sie 1764 von Johann Joachim Winckelmann anfertigte, wurde sie schlagartig berühmt. Da war sie gerade 23 Jahre alt. Winckelmann selbst soll von dem Bildnis ganz angetan gewesen sein. „Damit hat sie sich und ihm ein Denkmal gesetzt, dieses Porträt prägt auch heute noch unser Winckelmannbild, nach seinem Tod ist es immer wieder kopiert worden“, weiß Dr. Kathrin Schade, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin im Winckelmann-Museum. Selbstredend hängt auch hier genau dieses Winckelmann-Porträt. „Nicht das Original, das hängt in Zürich“, räumt Schade ein, „aber es ist auf jeden Fall eine zeitgenössische Kopie direkt vom Original, also keine Kopie einer Kopie einer Kopie.“

In einer Sonderausstellung im Winckelmann-Museum Stendal, die am 4. September unter dem Titel „Anmut und Aufklärung – Eine Sammlung von Druckgraphik nach Werken von Angelika Kauffmann“ eröffnet wird, soll es explizit um diese Kopien des Kauffmann‘schen Werks gehen. Zeigt sich doch darin ihre Beliebtheit und die ihrer Bilder. Es sind vor allem Druckgrafiken, insbesondere aus dem Genre Porträt. Aber auch Szenen der Mythologie, der Antike und der englischen Literatur waren Gegenstand ihres Schaffens. Und eben Winckelmann.

Die Grafiken geben einen Einblick in die Rezeption des Kaufmann‘schen Werks, aber auch in zur jeweiligen Zeit übliche Verfahren der Kunst-Reproduktion und darin, wie sich der Blick der Menschen im Lauf der Zeit wandelte.

„Vom Technisch-Künstlerischen her war Angelika Kauff­mann auf höchstem Niveau“, sagt Schade. Und das obwohl ihr als Frau zur damaligen Zeit keine akademische Ausbildung gegönnt war. Aber sie hatte eben nicht nur einen Künstler als Vater, von dem sie lernte, sondern vor allem Talent. „Mit ihrer Porträtmalerei hat sie bei den Leuten damals großen Anklang gefunden, sie verstand es, die Kunden mit einer gewissen Gefälligkeit zufriedenzustellen.“ Nur Goethe soll wohl von seinem von ihr gemalten Porträt nicht allzu begeistert gewesen sein, hätte sich selbst gern wohl etwas staatsmännischer gesehen.

Zugleich wohnt dem Werk Angelika Kauffmanns eine große Emotionalität inne. „In vielen ihrer Bilder hat sie zudem die Aufwertung der Frau und der weiblichen Rolle verarbeitet und versinnbildlicht“, erklärt Schade. Und hat damit eine größere Wertschätzung für das Natürliche befördert.

Dass die schweizerisch-österreichische Malerin zu den wenigen Frauenpersönlichkeiten gehört, die ihren Platz in der europäischen Kunstgeschichte behaupten konnten, wird zum einen an ihrer Popularität und ihrem Talent gelegen haben. Aber wohl auch an ihrer Weltgewandtheit und daran, dass sie es verstand, Netzwerke zu knüpfen, stand sie doch in Rom und London zu wichtigen Künstlern und Schriftstellern in Kontakt, hatte in dem englischen Maler Joshua Reynolds einen wichtigen Förderer. Johann Gottfried Herder nannte sie die „kultivierteste Frau Europas“, heute zählt Angelika Kauff­mann (1741–1807) zu den Hauptvertretern des Klassizismus im 18. Jahrhundert und damit auch der Aufklärung.

Mit ihrer ihr eigenen Mischung aus Disziplin, Selbstbewusstsein und Geschick hat sie es schließlich sogar erreicht, dass ihr Selbstporträt in der entsprechenden Galerie der Uffizien in Florenz aufgehängt wurde – statt nur eines Bildnisses aus Kindertagen. Kathrin Schade: „Das war ihr dann schon wichtig, als anerkannte Künstlerin dort mit vertreten zu sein.“