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Azubi-Messe Auch krumme Wege führen zum Ziel

Die Ausbildungsmesse Stendal bietet Kontakte zu Firmen: Hunderte Jugendliche informierten sich über Berufswege.

Von Nora Knappe 14.11.2016, 00:01

Stendal l Die einen suchen, die anderen haben schon gefunden, und wieder andere sind mit dem, was sie gefunden zu haben glaubten, vielleicht doch nicht so zufrieden. Und das Finden ist sicher auch nicht ganz einfach ob der Angebotsfülle – die Ausbildungsmesse der Agentur für Arbeit Stendal will da einen Überblick verschaffen.

Einer, der noch oder besser gesagt schon sucht, ist Pascal Küchler. Er ist 14, aber will sich rechtzeitig kümmern. „Auf jeden Fall was Handwerkliches, am liebsten im Metallbereich“ möchte er machen. Auch Polizei oder Zoll kämen in Frage. Er findet gut, dass es die Messe hier in Stendal gibt, und „die Berufe werden gut erklärt“, hat er nach einigen Gesprächen positiv festgestellt.

Auch Aziz Hussein geht noch zur Schule, aber der 16-Jährige hat einen Wunscharbeitgeber: die Bundeswehr. „Das Problem ist, dass ich nicht die deutsche Staatsbürgerschaft habe, aber wenn ich vorher eine Ausbildung mache, könnte es vielleicht klappen“, hat er am Stand erfahren. Also schaut er sich nun nach einer Lehrstelle als Kfz-Mechatroniker um.

Schon gefunden, ohne lange zu suchen, hat Saskia Schubert. Sie wird seit einem Jahr bei Alstom zur Mechatronikerin ausgebildet. Die typischen Mädchenberufe seien nichts für sie, sie hatte schon immer was Technisches vor Augen. „Erst habe ich ein Praktikum in einer Autowerkstatt gemacht, dann dachte ich, geh ich zu Alstom, das ist das Gleiche, nur mit Loks“, erzählt die 17-Jährige lächelnd. Sie ist unter 16 Azubis eines von zwei Mädchen. „Wir kämpfen, dass es mehr werden“, sagt sie und wird dafür sicher auch ihre Präsenz am Messestand nutzen.

Alstom-Personalreferentin Natascha Aksentschuk freut sich über Schuberts Begeisterung, denn „es ist schwierig, Mädchen von dieser Art Berufe zu überzeugen, viele haben Angst, dass es schwere Arbeit ist“. Es gebe mittlerweile aber so viel technische Unterstützung, dass das nicht der Fall ist. Auch in der Lok-Montage.

Zum 12. Mal fand die Messe am Sonnabend statt, wie immer in Kooperation mit dem Landkreis Stendal, erstmals in Kombination mit dem Tag der offenen Tür der Berufsbildenden Schulen. 75 Arbeitgeber und Ausbilder aus der Altmark stellten sich vor. „Unser Ziel ist, dass die Jugendlichen mehr Möglichkeiten für sich entdecken, den Mut zum Ausprobieren haben, heute vielleicht schon ein Praktikum vereinbaren“, sagte Agenturchef Markus Nitsch. Und die Messe zeige, dass es in der Region eine Menge Arbeitgeber gibt.

Das war auch für Sophie Johr und Wiebke Albert entscheidend: eine Lehrstelle zu finden, die es ihnen ermöglicht, in der Heimat zu bleiben. Die beiden lernen Verwaltungsfachangestellte bei der Hansestadt Stendal. Während Sophie Johr (20), die ihr Faible für Verwaltungstätigkeiten während eines Praktikums entdeckte, gerade angefangen hat, ist Wiebke Albert (21) fast fertig. Ihr gefällt „der Kontakt zu den Bürgern, aber auch die Zeit im Büro des Oberbürgermeisters fand ich interessant, da konnte man bei Sitzungen dabei sein“.

Vollauf zufrieden sind auch die drei jungen Männer, die das Handwerk des Dachdeckers vorstellen und mit einigen Handgriffen demonstrieren. Florian Berger (18), Oliver Hinze (17) und Alexaner Paßlack (17) werden in Betrieben in der Altmark ausgebildet. An ihrem Beruf schätzen sie, dass er „nicht einseitig ist, man wechselt oft die Baustellen, und man arbeitet nie allein, hat Spaß mit Kollegen“. Draußen sein, etwas schaffen, dabei auch immer mit einer gewissen Gefahr umgehen –das mögen die drei. Sie haben ihren Weg gefunden.

Dabei muss es beim Beschreiten dieses Wegs ins Berufsleben gar nicht immer geradlinig oder stolperfrei zugehen. Bestes Beispiel ist Annika Franke. Sie demonstriert an einem Puppenkopf das Handwerk des Frisierens. Es ist ihr Traumberuf: „Schon von klein auf wollte ich Friseurin werden, habe es aber jetzt erst geschafft.“ Ganz offen erzählt die 21-Jährige, dass es bis dahin ein paar Schwierigkeiten gab. Das Hauptproblem war eine Zeitlang ihre „Null Bock“-Stimmung. „Ich wusste, dass ich mit dem Hauptschulabschluss nicht weit komme, also wollte ich den Realschulabschluss machen, hatte aber keine Lust auf Schule.“ Irgendwann ist es dann wieder umgeschlagen, und heute ist sie froh, dass sie das machen kann, wovon sie schon als Kind geträumt hat.

Auch Sabine Grüttner ist ein Beispiel für verzweigte Wege in den Beruf. Sie steht schon mitten im Leben: Als Teamleiterin U  25 berät sie in der Stendaler Arbeitsagentur Jugendliche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Gelernt hat sie allerdings Schiffbauschlosser mit Abitur, hat dann ein Studium angeschlossen und wurde Berufsschullehrerin. „Diese Praxiserfahrung ist für meine jetzige Tätigkeit sehr wichtig“, sagt Grüttner.

Und sie kann es angesichts der Fülle von möglichen Ausbildungsberufen – es sind so um die 350 – ganz und gar verstehen, wenn Jugendliche erst einmal orientierungslos sind und nicht wissen, wohin.