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Bahngelände Kein Geld für verseuchten Boden

Ein 7000 Quadratmeter großes Gelände in Stendal ist hochgradig kontaminiert. Ein Aushub von rund 22.000 Tonnen Erde ist erforderlich.

Von Bernd-Volker Brahms 16.06.2017, 01:01

Stendal l Wer auf dem Gelände der ehemaligen Schwellentränke in Stendal an der Gardelegener Straße unterwegs ist, dem zieht unwillkürlich ein starker Geruch in die Nase. Es riecht nach Chemie.

Jahrelang wurden dort Holzschwellen für die Bahn bearbeitet. Mit chemischen Mitteln wurden die Schwellen so behandelt, dass sie eine längere Lebensdauer hatten. Dass die chemischen Mittel auch in den Boden sickerten und im Grundwasser landeten, juckte zu DDR-Zeiten niemanden. Umweltschutz war ein Fremdwort. Entsprechend stark belastet ist der Boden nun.

Nicht nur die Bahn verseuchte den Boden, sondern in Stendal war es vor allem auch die Sowjetische Armee. Die Areale der Kasernen waren stark kontaminiert und mussten nach der Wende saniert werden – was letztendlich heißt, den Boden auszutauschen. Auch das Gelände des ehemaligen Kraftfahrzeuginstandsetzungs-Kombinates (KIK) am Uenglinger Berg, wo in den vergangenen Jahren ein neues Einkaufszentrum entstanden ist, war verseucht.

„Das Gelände der ehemaligen Schwellentränke ist das letzte große Gebiet, das noch nicht saniert wurde“, sagt Bärbel Tüngler, die Amtsleiterin Wirtschaft und Liegenschaft bei der Stadtverwaltung. Sie berichtete in dieser Woche im Finanzausschuss darüber, dass derzeit vom Land kein Fördergeld zur Verfügung steht, obwohl die Stadt eine Förderung beantragt hat.

Dabei hat das Land gerade eine Förderrichtlinie „Vorhaben zur Altlastensanierung“ herausgebracht und stellt Kommunen eine Förderung von bis zu 100 Prozent in Aussicht, wenn sie belastete Flächen beseitigen.

Wie Tüngler im Ausschuss erläuterte, falle Stendal nun auf die Füße, dass bereits 1992 schon einmal Mittel beantragt wurden. Geld ist allerdings nie geflossen. Das Landesverwaltungsamt argumentiere, dass ja der Antrag – der 2006 vom Landesamt für Altlastenfreistellung intern eingestellt worden ist – wieder aktiviert werden könne. Außerdem solle die Stadt prüfen, ob sie nicht noch andere Fördermitteltöpfe wie Stadtumbau oder Wirtschaftsförderung anzapfen könne. „Wir haben das geprüft, alle Varianten funktionieren nicht“, sagte Tüngler. So komme die Wirtschaftsförderung nicht in Frage, weil diese nur von Unternehmen beantragt werden könne. „Wir müssten das Grundstück verkaufen, aber wer will denn so etwas haben?“, fragte die Amtsleiterin. Auch bei den Mitteln der Altlastenfreistellung sei es ähnlich, wenngleich die in Aussicht stehende Summe mit bis zu 90 Prozent wesentlich höher sei.

„Wir haben zwar immer wieder Anfragen zu dem Gelände gehabt“, sagte Tüngler. Interessenten seien jedoch immer sehr schnell wieder abgesprungen, wenn sie von der Belastung gehört hätten.

„Irgendwann fliegt uns das um die Ohren“, sagte Stadtrat Jörg Böhme (CDU). Das Nitrat sickere weiter ins Grundwasser. Wenn ein Investor gefunden werden könne, dann solle die Stadt es abgeben, „auch wenn es am Ende ein Nullsummenspiel ist.“

Ein Gutachten aus dem Jahre 1996 habe ergeben, dass auf dem rund 7000 Quadratmeter großen Gelände insgesamt 22.000 Tonnen Erde ausgetauscht werden müssten. Zwischen ein bis drei Meter tief müsste der Sand entfernt werden. In dem Gutachten wurde davon gesprochen, dass der Boden in sehr hoher Konzentration mit polyzyklisch aromatischem Kohelnwasserstoff sowie Phenol belastet sei. Vor zwanzig Jahren wurden die Kosten einer Sanierung mit rund sieben Millionen DM beziffert. „Da kann man heute getrost Euro draus machen“, sagte Tüngler.

Das Landesverwaltungsamt habe für die gesamte Förderperiode lediglich sechs Millionen Euro für Altlastensanierung und Bodenschutz zur Verfügung. Derzeit ist Stendal allerdings die einzige Kommune, die Geld aus dem Topf haben möchte. „Wir werden dran bleiben“, sagte Tüngler.