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Berufsfindung Im Labyrinth der Möglichkeiten

Das Berufsschulzentrum Stendal gab Einblicke ins umfangreiche Bildungsangebot. Schüler erklärten, was sie lernen, welche Ziele sie haben.

Von Nora Knappe 19.02.2018, 00:01

Stendal l Orientierung ist gefragt. Wege finden, auf Wegen bleiben oder abbiegen. Vielleicht auch mal die Richtung, das Ziel ändern, etwas Neues probieren. Was für die Besucher des Tags der offenen Tür im Berufsschulzentrum Stendal ein Leichtes ist – dank Plänen, Wegweisern und Lotsen –, ist für die jungen Leute auf dem Weg zu einem passenden Beruf oft holprig, ungewiss, enttäuschend, kräftezehrend. Bis man dann endlich das gefunden hat, was einen begeistert.

So wie Ibo Schweizer. Der 19-jährige Stendaler will Tierpfleger werden, das steht fest. Er ist grad im ersten Lehrjahr, hat aber bereits in Tierheimen und Tierparks ausgeholfen. „Ich mag Tiere. Und ich will wissen, wie ich sie zu behandeln habe, was genau zu tun ist.“ An diesem Tag der offenen Tür am Sonnabend ist er mit dabei, um Besuchern Fragen zu beantworten und von seiner Ausbildung zu erzählen.

Genau wie Lisa-Marie Schilling (24) und Vanessa Krüger (18). Sie sind im zweiten Lehrjahr zur Gestaltungstechnischen Assistenz und mit Begeisterung dabei. Einige ihrer Arbeiten liegen im Klassenraum aus – gezeichnete Tiere und Fantasiewesen, Porträts, Buchstabengrafiken. Das Zeichnen per Hand ist Grundlage für das spätere Arbeiten am Computer, und beide haben dieses Faible früh entdeckt.

„Ich hatte von jeher eine künstlerische Ader“, sagt Lisa-Marie, und in dieser Ausbildung kann sie sogar noch ihre Leidenschaft für Sprachen einbringen. Ihr Ziel: Kommunikationsdesign studieren. Ihre Mitschülern Vanessa, die auch von Kind an „gern und viel gezeichnet“ hat, hat eine duale Ausbildung als Mediengestalter vor Augen.

Simon Lutschke und Steven Bönsch hingegen stehen noch ganz am Anfang, ihr wichtigstes nächstes Ziel: erst einmal den Schulabschluss schaffen. Darum sind sie im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) – und bei ihrem Lehrer Frank Steinhorst in besten Händen. Zahlreiche Jahrgänge hat er bereits begleitet, er kennt die Schwächen seiner Schützlinge, hebt aber gern auch ihre Stärken hervor. „Simon zum Beispiel ist ein bisschen ein Rabauke. Wenn der nicht will, dann will er nicht und zieht andere mit runter. Aber er ist auch sehr zuverlässig.“

Der 17-Jährige weiß um seine mangelnde Disziplin – merkt aber selbst, dass er das allmählich mal hinkriegen muss. Einen Berufswunsch hat er noch nicht, aber das Arbeiten am Metall macht ihm Spaß. Sein Mitschüler Steven, 16 Jahre alt, möchte gern Kfz-Mechaniker werden, seine Noten allerdings sehen nicht so prima aus. Also, dranbleiben ist die Devise.

Genau das rät auch Schulleiter Jörg Hagge allen, die sich für einen der Wege im Berufsschulzentrum entscheiden – ob BVJ, Fachschule, Berufsfachschule, Fachoberschule oder Berufliches Gymnasium: „Entscheidend ist, was will ich? Und ich muss Ziele haben.“ Dass man von einem Ziel auch mal abweichen kann, weil man dann doch nicht so gut klarkommt oder einem der Zufall des Lebens einen entscheidenden Wink gegeben hat – das gesteht Hagge jedem gern zu.

Die Fusion der beiden Stendaler Berufsschulen – mit insgesamt 2300 Schülern – im vorigen Jahr hätte zwar keine inhaltlichen Veränderungen gebracht, aber es mache vieles leichter. „Den Schülern eröffnen sich damit mehr Möglichkeiten, man kann jetzt eher mal noch wechseln“, so Hagge.

Die innere Motivation sei letztlich dafür entscheidend, ob man es auf seinem Weg schafft. Und das Informiertsein – weshalb es den Tag der offenen Tür gibt. „Es gibt viele, die sind ganz zielgerichtet heute hier“, hat Christina Schaff beobachtet. Sie ist eine der sechs Koordinatoren des Berufsschulzentrums. „Aber bei unseren Schülern gibt es auch immer wieder welche, die erst später feststellen, dass es doch nicht so ihr Ding ist.“ Denen die Berufsbildungsreife fehle, teilweise ganz grundlegende Dinge wie räumliches Vorstellungsvermögen oder mathematische Kenntnisse.

Wer die Ausbildung abbricht, fehlt am Ende auf dem Arbeitsmarkt. „Viele Handwerksbetriebe suchen händeringend Auszubildende“, weiß Schaff. Aber man dürfe sich seinen Beruf eben auch nicht schönträumen – frühes Aufstehen oder auch mal Wochenendarbeit gehören eben oft dazu. „Das wissen die Schüler auch“, sagt Hagge. „Aber wenn es dann ernst wird, muss man es auch durchhalten.“