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Biografie Ein Leben zwischen Sehnsucht und Trotz

Albrecht Franke schreibt eine Biografie über die Magdeburger Autorin Christa Johannsen. Auf der Leipziger Buchmesse liest er daraus.

Von Nora Knappe 03.03.2017, 00:01

Stendal/Magdeburg l Erst sollte es eine Erzählung werden – nun wird es eine Biografie. Das Leben der Christa Johannsen soll erzählt werden. Der Stendaler Autor Albrecht Franke hat sich das vorgenommen, weil es sich lohne, es aufzuschreiben. „Diese Frau hat ein so intensives, volles Leben geführt“, formuliert er. Und er ist nah dran an dem Leben dieser Frau, hat er von ihr doch das schriftstellerische Arbeiten gelernt.

Christa Johannsen ist vielen womöglich kein Begriff, in der Autorenwelt ist sie es allemal. Sie gehörte in der DDR zu den etablierten Schriftstellern, war jedoch eine streitbare, widersprüchliche, zerrissene Frau. Albrecht Franke meint dazu: „Es ist ein Leben des 20. Jahrhunderts, geprägt vom Nationalsozialismus und der DDR. Es ist ein Leben, das einen dazu bringt, sein eigenes zu überdenken oder wenigstens anders zu betrachten.“

127 Seiten hat Franke für die Biografie schon zu Laptop­papier gebracht, vielleicht noch einmal so viele sollen es werden. Seine Grundlage ist zu einem wesentlichen Teil die Masterarbeit der Germanistin Beatrice Buchholz – die am Stendaler Winckelmann-Gymnasium ihr Abitur gemacht hat und dort auch treues, aktives Mitglied im Schreibzirkel war. Buchholz hat den Briefnachlass Johannsens durchforstet, ihre Korrespondenz mit ihrer Freundin und Lektorin von Ost nach West, in der sie über den Nachkriegsalltag, von den Sorgen und Nöten einer Autorin, von ihrem Kampf gegen Engstirnigkeit und Provinzialismus berichtet. „Das ist für mich eine wichtige, schätzenswerte Vorarbeit“, sagt Franke, „denn sie bietet eine gute Orientierung.“

Der Titel der Biografie zitiert einen notierten Ausspruch Johannsens, den Franke sehr bezeichnend für diese sich immer etwas widerspenstig gebarende Frau findet: „Ich spucke im Bogen gegen den Wind.“ Der Untertitel indes („Christa Johannsen – ein erfundenes Leben“) ist nicht minder aussagekräftig und zeigt eben die andere Seite der Autorin auf – die verletzliche, nach Anerkennung und Zugehören sich sehnende und darum vor Anpassung und Lügen und Beschönigungen des eigenen Lebenslaufs sich nicht scheuende.

„Es gibt noch viel zu klären, was ihr Leben betrifft, aber ich will nicht richten, nicht von oben herab über sie urteilen“, sagt Franke, „ich will nur berichten und aufzeigen.“ Und dabei erfahre er sogar noch so einiges über sich. „In einem ihrer Briefe beschimpft sie mich als ‚unsägliches Faultier‘“, erzählt er sichtlich amüsiert.

Buchholz und Franke werden ihre Erkenntnisse über Christa Johannsen am 23. März auf der Leipziger Buchmesse vorstellen, wollen dort auch „mit den Besuchern ins Gespräch über Christa Johannsen kommen und einige für sie interessieren“, ist Beatrice Buchholz‘ Wunsch. Aber sie sieht sich beide auch als Vermittler zwischen einer Archivierungsstätte und der Öffentlichkeit, möchte „zeigen, wie einfach und wertvoll der Zugang zu Autorennachlässen ist. Dieser lebt ja davon, entdeckt und erforscht zu werden.“