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Sparkassen-Skandal Weinkeller "nicht unangemessen luxuriös"

Das Landgericht Stendal sieht keine hinreichenden Gründe für die fristlose Entlassung von Ex-Sparkassenchef Dieter Burmeister.

09.09.2015, 23:01

Stendal l Standortbestimmung im Prozess von Ex-Sparkassenchef Dieter Burmeister gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber wegen der fristlosen Kündigung Ende September 2013. Die Vorsitzende Richterin Haide Sonnenberg machte in ihrer vier Punkte umfassenden Würdigung der bisherigen Beweisaufnahme mehrmals deutlich, dass die vom Kreditinstitut vorgelegten Gründe für die fristlose Kündigung und die damit einhergehende Streichung sämtlicher Versorgungsbezüge nicht ausreichend seien.

Für den Vorwurf, dass Dieter Burmeister neben seinem Dienstwagen weitere Fahrzeuge aus dem Fuhrpark für sich reserviert und damit seine Dienstpflicht verletzt habe, fehlen dem Gericht bislang die Beweise. Unstrittig ist, dass der ehemalige Vorstandschef seine Dienstwagen in einem Rhythmus von unter zwölf Monaten wechselte. Dies ist nach derzeitigen Erkenntnissen der Kammer dem Verwaltungsrat nicht bekannt gewesen.

Die Kammer moniert jedoch, dass sich die Sparkasse auf eine Mindestlaufzeit von 36 Monaten beruft, der Ostdeutsche Sparkassenverband aber von einer Zeit zwischen 12 und 36 Monaten ausgeht. Hier müsse die Sparkasse präziser argumentieren. Dieser Punkt dürfte entscheidend dafür sein, ob Burmeister ein schwerwiegender Verstoß anzulasten wäre. Unberücksichtigt bleibt dabei, inwieweit es hier um Leasing oder Kauf geht. Burmeister hatte weitgehend Fahrzeuge gekauft und mit erheblichem Wertverlust nach kurzer Nutzung verkaufen lassen.

Das Gericht würdigt jedoch auch, dass bei zwei Fahrzeugen der Kaufpreis deutlich unter der Obergrenze von 70.000 Euro gelegen habe und in einem Fall ein Wildschaden einen frühzeitigen Wechsel rechtfertige.

Das 20 Quadratmeter große Refugium in den Katakomben der Sparkasse bietet bislang für das Gericht „keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung“. Eine private Nutzung durch Burmeister könne nicht festgestellt werden. Das beanstandete Erscheinungsbild des Raumes bezeichnete Sonnenberg als „nicht unangemessen luxuriös“. Dass der Raum nicht in der Beletage des Geldhauses, sondern versteckt hinter einer Stahltür eines unverputzten Kellers liegt, ließ das Gericht gestern außen vor.

Diesen großen Komplex bewertete das Gericht nicht inhaltlich. Vielmehr sieht die Kammer hier ein Versagen des Verwaltungsrates. Dieser hätte im Frühjahr 2013 unmittelbar nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle die Reißleine ziehen und Burmeisters Kündigung aussprechen müssen.

Der damalige Verwaltungsrat unter dem Vorsitz von Jörg Hellmuth (CDU) hatte jedoch die damals bereits bekannten erheblichen Kompetenzverstöße und Burmeisters Verantwortung dafür nicht anerkennen wollen. Die Sparkasse müsse nun darlegen, dass mit dem Prüfbericht des Ostdeutschen Sparkassenverbandes im Herbst 2013 eine schwerwiegend neue Lage eingetreten ist, die eine außerordentliche Kündigung zu diesem Zeitpunkt rechtfertigte.

Schlechte Karten hat die Sparkasse auch mit ihrer in das Verfahren eingebrachten Klage, die Burmeister für zwei Kredite einen Schaden von bis zu 1,5 Millionen Euro anlastet. Die Brisanz beider Kreditgeschäfte – darunter Firmen von Ex-Landrat Lothar Riedinger – sei dem Kreditausschuss ausführlich erörtert und von diesem einstimmig gebilligt worden. „Das Risikopotenzial war offensichtlich“, so die Richterin.

Zudem habe der Verwaltungsrat dem Vorstandschef für diese Geschäftsjahre Entlastung erteilt. Sonnenberg: „Entscheidend ist, ob Mängel in der Geschäftsführung zumindest erkennbar waren. Hier obliegt dem Verwaltungsrat eine Informationspflicht.“ Dieser sei das Gremium nicht nachgekommen.

Vier Wochen haben beide Parteien Zeit, weitere Beweise vorzubringen. Nächster Verhandlungstermin ist Mitte Dezember. Eine Gerichtssprecherin fasste die Situation so zusammen: „Derzeit ist noch alles offen.“