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CDU-Kreisverband Kühnel gibt Parteivorsitz ab

Die Amtszeit des dienstältesten CDU-Kreisvorsitzenden Sachsen-Anhalts geht zu Ende. Wolfgang Kühnel wird am 5. April nicht mehr kandidieren.

Von Thomas Pusch 17.03.2017, 01:00

Stendal l Erst im Oktober 2016 war Wolfgang Kühnel in seinem Amt als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes bestätigt und für zwei Jahre wiedergewählt worden. Auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung ist nun am Mittwochabend beschlossen worden, dass der komplette Vorstand am 5. April auf einem Kreisparteitag neugewählt wird. Kühnel wird sich nicht mehr zur Wahl stellen. Auf Nachfrage der Volksstimme gab er am Donnerstag eine Erklärung ab, wollte aber keine Zusatzfragen beantworten. „Der Kreisvorstand hat getagt und über Konsequenzen beraten“, sagte er. Nach einer längeren Diskussion sei die Entscheidung zur Neuwahl des Vorstandes getroffen worden. Dann endet die Amtszeit des dienstältesten CDU-Kreisvorsitzenden Sachsen-Anhalts nach fast 27 Jahren.

Seine Gründe, nicht wieder anzutreten, wollte Kühnel nicht nennen. Noch ist er Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, nachdem der neue Parteivorsitzende gewählt ist, will er aber auch dieses Amt zur Verfügung stellen. „Der neue Fraktionsvorsitzende kann am 1. Mai sein Amt antreten“, sagte Kühnel. Kühnel hatte sein Amt am 22. Februar niedergelegt und angekündigt, es erst nach dem Ende des Wahlfälschungsprozesses wieder aufzunehmen. Am Vormittag hatte er als Zeuge im Wahlfälschungsprozess die Aussage verweigert. Zudem war er vom Angeklagten Holger Gebhardt schwer belastet worden. So berichtete Gebhardt von einem Ordner mit Personalblättern und Unterschriften, der in der CDU-Geschäftsstelle gestanden haben soll und von ihm für die Fälschungen benutzt worden sei. Kühnel habe ihm den Ordner übergeben.

Bis Mittwoch war er von Nico Schulz als amtierendem Kreisvorsitzenden vertreten worden. „Ein Neuanfang ist jetzt dringend notwendig, denn die Situation ist unerträglich“, sagte er gegenüber der Volksstimme. Unerträglich nicht nur durch den Wahlbetrug selbst, sondern auch durch den Imageschaden, den der für die CDU bedeutet. Kühnel habe diesem Neuanfang nicht im Wege stehen wollen. Welche Rolle er selbst im neuformierten Kreisvorstand spielen will, ließ Schulz offen. „Ich will mich zu Personalien noch nicht äußern“, fasste sich der stellvertretende Vorsitzende kurz.

Weiterer Stellvertreter ist Eike Trumpf. Er sieht den einstimmigen Beschluss des Kreisvorstandes zu vorgezogenen Neuwahlen als ein wichtiges Zeichen nach außen, dass sich die Partei mit dem Pro­blem Wahlbetrug auseinandergesetzt habe. Auf die Frage, ob er denn für den Vorsitz kandidieren werde, meinte er: „Sieht nicht so aus.“

Hervorgewagt hat sich hingegen Dirk Hofer. Der Stendaler Stadtrat will für den Posten des stellvertretenden Kreisvorsitzenden kandidieren. Ortsverbandsvorsitzender Hardy Peter Güssau erklärte, dass er die Kandidatur „mit aller Kraft“ unterstütze. Ob er selbst für den Posten des Vorsitzenden kandidieren werde, ließ Güssau im Gespräch mit der Volksstimme offen. „Es wird eine Tagung des Stadtverbandes geben, und dann werden wir besprechen, welche Vorschläge wir dem Kreisverband unterbreiten werden“, kündigte er an. Das sei dann auch die Gelegenheit zu überlegen, ob im Ortsverband ein ähnlicher Neustart wie im Kreisverband vollzogen werden soll.

Der war keine rein Stendaler Idee. „Wir begrüßen ausdrücklich den einstimmigen Beschluss der Stendaler CDU, Anfang April den kompletten Kreisvorstand neu zu wählen“, äußerte sich Landesvorsitzender Thomas Webel. Zu diesem Neuanfang habe die Landesparteiführung die Parteifreunde vor Ort in einem gemeinsamen Brief Anfang März ja auch ausdrücklich ermuntert. Mit diesem Neuanfang sei auch die Chance verbunden, der durch die Landespartei seit 2014 wiederholt vorgetragenen Forderung nach Aufklärung im Raum stehender Vorwürfe verstärkt nachzukommen.

Für Helga Paschke, Vorsitzende der Kreistagsfraktion Die Linke/Bündnis 90-Die Grünen, ist dieser Schritt „längst überfällig“. Es habe sie empört, dass die CDU Kühnel so lange akzeptiert habe. Einem neuen Kreisvorsitzenden Schulz stünde sie allerdings auch kritisch gegenüber. „Er hat zu sehr die Position ergriffen, die CDU sei gar nicht Schuld, sondern nur die bösen Medien“, begründete sie. Lars Schirmer (SPD) freut sich über Schulz‘ Sinneswandel und ist gespannt, „wie der Neuanfang im Kreisverband und in der Fraktion aussehen wird“.