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Deutschunterricht An Berufsschule fehlen Lehrer

In den Berufsbildenden Schulen I und II in Stendal fehlen Lehrer, vor allem für den Sprachunterricht schulpflichtiger Migranten.

Von Egmar Gebert 23.09.2016, 01:01

Stendal l Um sich ein Bild vom Schulkomplex an der Schillerstraße mit seinen beiden Berufsbildenden Schulen zu machen, war der Schulausschuss des Kreistages mit seiner Sitzung am Mittwochabend zu Gast bei den Schulleitern, Lothar Bätz (BBS I) und Jörg Hagge (BBS II).

Die materielle Ausstattung auf modernem Standard, die Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen der Kreisverwaltung tadellos. So das Fazit nach dem Rundgang durch drei der fünf Schul- und Lehrwerkstattgebäude. Ausschussvorsitzender Henning Richter-Mendau (CDU) hatte diesen, von ihm erst auf 15 Minuten festgelegten, nach freundlicher Intervention der Schulleiter auf eine halbe Stunde verlängerten und dann doch eine knappe Sunde dauernden Tagesordnungspunkt etwas unterbewertet. Richter-Mendau hatte aber auch kein Problem damit, das im Nachhinein einzugestehen, sich für diesen – nichtsdestotrotz kurzen – Einblick zu bedanken und von dem, was er und die Ausschussmitglieder gezeigt und erläutert bekamen, beeindruckt zu zeigen.

Gekommen war der Ausschuss jedoch vordergründig, um zu erfahren, ob und wo die Pädagogen des Berufsschulzen­trums der Schuh drückt. Und da gibt es einen Punkt, der vor allem Lothar Bätz große Sorgen bereitet.

Es fehlt an Lehrern, die an der Berufsbildenden Schule I gebraucht werden, um schulpflichtige Migranten zu unterrichten. Bätz schilderte: „Aus den im September/Oktober vergangenen Jahres ersten 30 Schülern, die in Deutsch zu unterrichten waren, wurden sehr schnell, sprich bis zum Jahresende, 90. Die ersten zusätzlichen Sprachlehrer, um sie zu unterrichten, kamen im März/April an die BBS I.“

Mittlerweile seien es 115 Schüler, die in drei BVJ-Klassen (Berufsvorbereitendes Jahr) und fünf BVJ-Klassen mit einem erhöhtem Anteil an Deutschunterricht beschult werden. Allerdings laufen drei der Stellen für die Sprachlehrer zum 31. Dezember dieses Jahres aus und zwei weitere sind noch immer unbesetzt.

Lothar Bätz zur Situation bei den Sprachlehrern: „Uns fehlen mindestens fünf Pädagogen. Momentan kann ich diese Schüler nicht die ganze Woche beschulen, muss sie an einem Tag der Woche nach Hause schicken.“ Als er das dem Landesschulamt – auf die prekäre Situation hinweisend – mitteilte, sei er von dort lediglich darauf hingewiesen worden, dass er die Schulpflicht umzusetzen habe. Ein Ausweg aus dieser Situation? Lehrerstellen seien vom Land zwar ausgeschrieben, allerdings lediglich für die Zeit vom 17. Oktober bis zum 31. Dezember. „Für zweieinhalb Monate, das muss man sich mal vorstellen“, sagte Schulleiter Bätz.

Selbst angesichts der Tatsache, dass am Donnerstag die ersten Bewerbungen auf diese Stellen eingingen, ist noch immer offen, wie es nach dem 1. Januar 2017 weitergehen soll.

Auf der einen Seite ein akuter Mangel an Lehrkräften, auf der anderen – auch das sagte Lothar Bätz deutlich – junge Menschen, die lernen möchten, die gern in seine Berufsbildende Schule kommen, von denen sich mancher nach dem Kennenlernen der hier angebotenen Berufsfelder vorstellen kann, einen Beruf im Bausektor, im Holz- oder Metallbereich oder in der Elektrobranche zu erlernen.

„Was soll ich ab dem 1. Januar mit denen machen? Sie vor die Tür stellen?“, fragte der Schulleiter und appellierte an die Mitglieder des Schulausschusses: „Wenn Sie Möglichkeiten haben, auf unsere neue Landesregierung Einfluss zu nehmen, dann tun Sie es bitte. Wir brauchen Planungssicherheit mindestens für ein Jahr.“

Und das nicht nur mit Blick auf die Beschulung der Mi­granten. Ausschussmitglied Annegret Schwarz (CDU) macht auf das Fehlen zum Beispiel eines Deutschlehrers an der Fachoberschule der BBS II aufmerksam. Deren Schulleiter Jörg Hagge befürchtet – sollte die Situation für das gesamte Berufsschulzentrum an der Schillerstraße bis zum Januar nicht geklärt sein –, dass der Unterricht auch in anderen Berufsschulklassen gekürzt werden müsste, um den der Migranten-Schüler halbwegs absichern zu können.

Erste Reaktion des Ausschussvorsitzenden Richter-Mendau: „Sie erwarten sicher nicht, dass wir auf diese vielen Fragezeichen Antworten haben. Aber wir wissen, dass es hier dringenden Handlungsbedarf gibt.“

Das sah keines der Ausschussmitglieder anders. Von praxisuntauglichen Konzepten der Landesregierung und von Gesetzen, die dem gesunden Menschenverstand im Wege stünden, war die Rede.

Aufgegriffen wurde schlussendlich die Anregung von Horst Janas (Die Linke), eine Petition zu verfassen und die an die Landesregierung zu richten. Der stellvertretende Landrat Denis Gruber bot an, mit Unterstützung der Fachabteilung der Kreisverwaltung ein solches Schreiben aufzusetzen. Inhalt soll nicht nur das Fehlen von Sprachlehren an der BBS I sein, sondern der Lehrermangel im gesamten Landkreis. Zum wiederholten Mal aufgemacht werden soll damit auch die Forderung an das Landesschulamt, ein zukunftsfähiges Personalkonzept für die Schulen im Landkreis Stendal aufstellen. Denis Gruber  im Gespräch mit der Volksstimme: „Wir wollen das Schreiben kommende Woche vorbereiten, dann mit den Ausschussmitgliedern abstimmen und in der ersten Oktoberwoche ans Land schicken.“