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Dorfkirche Jarchauer Glocken beenden Zwangspause

Voraussichtlich nächste Woche werden die Jarchauer Kirchenglocken wieder läuten.

Von Volker Langner 03.08.2016, 01:01

Jarchau l Aufatmen bei Susanne Wichmann, Vorsitzende des Jarchauer Gemeindekirchenrates, ihren Mitstreitern im Gremium, Pfarrerin Janette Obara und wohl vielen Jarchauern. Wahrscheinlich ab nächster Woche ertönen wieder die beiden Kirchturmglocken – alltags um 18 Uhr sowie sonnabends und sonntags um 17 Uhr. Und natürlich auch zu Gottesdiensten und Beerdigungen. „Da hat einfach was gefehlt“, sagt Susanne Wichmann mit Blick auf die läutefreie Zeit.

Die begann im Mai. Nach der jährlichen Wartung der beiden elektrisch angetriebenen Glocken. Dort stieß man auf ein Metallstück, das aus einer der Glocken geplatzt war. Die Wartungsfirma signalisierte Gefahr und verfügte damit quasi einen Läute-Stopp.

Anfang dieser Woche gab Christoph Schulz Entwarnung. Die Reaktion der Wartungsfirma sei gerechtfertigt gewesen, schätzt der Glockensachverständige der Landeskirche ein. Allerdings sei es durchaus normal, dass bei Eisenglocken nach fast 100 Jahren Schäden auftreten. „Natürlich könnte jemand, der mit einem Luftgewehr auf Tauben auf dem Turm geschossen hat, die Glocke beschädigt haben. Aber ich gehe davon aus, dass Rost das Metallteil herausgesprengt hat“, erklärt Schulz.

Wie lange so eine eiserne Glocke ihren Dienst versieht, sei kaum vorhersagbar, macht er klar. Sie könne für gut befunden werden, aber dann dennoch unvermittelt zerbrechen. Deshalb nimmt auch der Sachverständige das abgeplatzte Teil nicht auf die leichte Schulter. Er schlug vor, den Boden im Glockenturm zu verstärken, damit ihn im Fall eines Falles Metallteile nicht durchschlagen.

Die Eisenglocken haben in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts Einzug in das Gotteshaus gehalten. Sie ersetzten zwei aus Bronze, die – wie bei vielen deutschen Kirchen – im 1. Weltkrieg eingeschmolzen wurden, um daraus Kriegsgerät zu fertigen.

Eine Bronzeglocke blieb den Jarchauern erhalten – eine sogenannte Zuckerhutglocke, wobei der Name auf die Form verweist. „Das ist ein Schatz“, sagt Christoph Schulz und begründet: „Sie ist über 800 Jahre alt, und sie ist in einem super Zustand.“ Einzig der Klöppel, augenscheinlich nicht das Original, bedarf einer Erneuerung. „Um die 450 Euro wären dafür fällig“, so Christoph Schulz.

Deutlich teurer käme eine Komplettsanierung der anderen Glocken, konkret die Anfertigung und Installation von zwei neuen Bronzeglocken, die die aus Eisen ersetzen. Schulz sprach von Kosten in Höhe von 25 000 bis 30 000 Euro. „Ich denke, wir werden demnächst einen Fonds dafür einrichten. Irgendwann kommt die Sanierung auf unsere Kirche zu“, so Susanne Wichmann, die dabei durchaus eine längere Zeitspanne vor Augen hat.

Nah dagegen scheint der Glockenschlag vom Kirchturm. Die Gemeindekirchenratsvorsitzende hofft, dass der auch hin und wieder Besucher in die Kirche lockt. „Frau Käßmann (Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017; Anm. d. Red.) hat im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum gesagt, die Kirchen sollen offen sein. Das machen wir.“ Das Gotteshaus aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts lädt täglich ein. Sechs Jarchauer gewährleisten im Wechsel die Öffnungszeiten.

Zu sehen gebe es einiges, versichert Susanne Wichmann. Sie verweist unter anderem auf den barocken Altar und den Taufengel. Gespannt ist sie auf die Reaktionen der Besucher. Dafür liegt seit Kurzem ein Gästebuch in der Kirche. Noch ist es jungfräulich.

Und noch ist es still. Aber die Vorfreude auf den Klang der Glocken hat Pfarrerin Janette Obara bereits erfasst. Das Läuten gehöre irgendwie dazu, habe ja auch seine Aufgaben: „Die Glocke ruft zum Gottesdienst. Die Gemeinde weiß Bescheid, was die Stunde geschlagen hat. Und dann ist das Läuten auch eine Verbindung zwischen Kirchengemeinde und Dorf.“