1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Werden die Verträge richtig erfüllt?

EIL

Gelbe Tonne Werden die Verträge richtig erfüllt?

Die Fronten sind verhärtet. Werden die Gelben Tonnen im Landkreis Stendal seit anderthalb Jahren so entleert, wie es die Verträge vorsehen?

Von Bernd-Volker Brahms 10.09.2016, 01:01

Stendal l Wenn die Mitarbeiter der Tangerhütter Firma Cont-Trans ein paar ausgelatschte Turnschuhe oder einen toten Kanarienvogel in einer Gelben Tonne finden, dann wird diese stehen gelassen und mit einem roten Punkt versehen. Dies sagt Norman Mattke als Firmenchef von Cont-Trans. „Wir machen eine Sichtkontrolle, keine Intensivkontrolle“, sagt Mattke. Zur Dokumentation werden Fotos geschossen. Auch bei kleineren Fehlbefüllungen wird die Tonne zur Nachbesserung stehen gelassen.

Nicht entsorgte Tonnen führen seit anderthalb Jahren zu Unmut bei den Bürgern und auch beim Landkreis, der durch eine Abstimmungs-vereinbarung im Jahre 2003 die Entsorgung des sogenannten Verpackungsmülls auf das Duale System Deutschland (DSD)übertragen hat. Das DSD wiederum hat das Einsammeln des Mülls aus Gelben Tonnen im Landkreis per Ausschreibung und Vertrag auf die Firma Cont-Trans übertragen. Anweisungen kann der Landkreis an die Firma nicht geben.

Da es auch nach anderthalb Jahren immer noch knirscht, gab es am 31. August in Magdeburg im Landesverwaltungsamt ein Gespräch mit den Beteiligten. Hierauf hatte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) im Kreistag in der vergangenen Woche hingewiesen, ohne auf den Inhalt einzugehen. Mit dabei waren Vertreter des Landesverwaltungsamtes, des Landesumweltamtes, des DSD, der Cont-Trans sowie des Landkreises. Auf Anfrage erklärte Wulfänger schriftlich, dass ein dreieinhalbstündiges Gespräch in „lösungsorientierter Atmosphäre“ stattgefunden habe. Es werde zu einzelnen Problemfeldern in der kommenden Woche weitere Gespräche geben.

Das Landesverwaltungsamt teilte der Volksstimme dagegen auf Nachfrage einige Details zum Gespräch mit. Danach sei die Behörde als Mediator in die Gespräche gegangen, „um Verbesserungen im Rahmen der Verträge aufzuzeigen“. Ferner habe das Landesverwaltungsamt Hinweise zur rechtskonformen Auslegung der Verpackungsverordnung gegeben, sagte Pressesprecherin Denise Vopel. Danach habe die Behörde die Auffassung vertreten, dass „die Sortierung der Inhalte der Gelben Tonnen durch die Firma Cont-Trans außerhalb der dafür zugelassenen Anlagen als nicht rechtskonform anzusehen ist. Vielmehr sind erheblich mit Fehlwürfen gefüllte Tonnen vereinbarungsgemäß dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (also der ALS, Hinweis Red.) als Restabfall zu überlassen.“

„Wir halten alle Verträge ein“, sagt Noman Mattke von Cont-Trans. Wenn dies nicht der Fall wäre, so hätte seine Firma sofort das Landesumweltamt als Aufsichtsbehörde oder das DSD als Vertragspartner „auf der Matte stehen“. Konfrontiert mit der oben zitierten Aussage des Landesverwaltungsamtes sagte der Firmenchef: Es sei in der Praxis nicht möglich, danach zu unterscheiden, ob die Tonne komplett fehlbefüllt oder ob nur zum Teil sich Müll darin, befinde, der da nicht hinein gehöre. Darüber hinaus gebe es bei Cont-Trans im Sinne der Abfallgesetze keine Sortierung. Von daher sei die Aussage nur theoretisch zu verstehen.

In der Praxis gibt es keine Überlassung von Restmüll an die ALS – die Tonnen werden stehen gelassen. Wie im Detail die Verträge zu verstehen sind, darüber herrscht Uneinigkeit bei den Parteien. Mattke benennt das Problem aus seiner Sicht: „Die Leute konnten 20 Jahre lang alles in den gelben Sack stecken, was nicht bei drei auf den Bäumen war.“ Es sei alles abgefahren worden. Cont-Trans habe einzig und allein den Auftrag, Verpackungsmüll abzufahren.

Der Vorgänger habe dagegen auch den Auftrag für Restmüll gehabt, der habe das dann alles mitnehmen können. „Wenn wir auch den Restmüll abfahren sollen, dann muss man uns das bezahlen.“ Im Vertrag zwischen Landkreis und DSD – der der Volksstimme vorliegt – ist dies anders geregelt: Nach einem Hinweis auf die Fehbefüllung sei die Tonne als „Sammelgemisch“ zu beseitigen, wenn einer Nachsortierung nicht nachgekommen werde. Bei schwerwiegendem oder nachhaltigem Missbrauch sei die Tonne einzuziehen. Problem: Vertragspartner sind der Landkreis und DSD und damit nur mittelbar Cont-Trans.

Norman Mattke weist auf einen weiteren Aspekt hin. Im Landkreis Stendal werde den Bürgern ein zu starker Anreiz gegeben, Gelbe Tonnen mit Restmüll zu befüllen. Dies passiere aus seiner Sicht auch deswegen, weil es beim Restmüll lediglich ein Mindestentleerungsvolumen von 240 Liter pro Person und Jahr gebe. Alles darüber hinaus muss extra bezahlt werden. „Die Menge ist im Vergleich zu anderen Landkreisen extrem gering“, sagt Mattke.