1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Rechtsstreit nach Schießerei in Tangermünde

Gericht Rechtsstreit nach Schießerei in Tangermünde

Die Eltern eines 2013 bei einer Schießerei in Tangermünde ums Leben gekommenen 34-Jährigen sollen 60.000 Euro an den Überlebenden zahlen.

Von Wolfgang Biermann 11.12.2018, 23:01

Stendal l Einzelrichter Christian Hachtmann sagte im Beisein der Eltern bei der Urteilsverkündung, dass er davon überzeugt sei, dass ihr verstorbener Sohn für die Verletzungen des damals 50-jährigen Klägers verantwortlich sei. Er habe an der Schuld „wenig bis gar keine Zweifel“. Auch nicht daran, dass er sich anschließend selbst getötet hat.

Beide Männer seien betrunken gewesen. Selbst wenn er die geladene Waffe nur hielt und sich dabei versehentlich ein Schuss löste, der den 50-Jährigen in Hand und Oberkörper traf und ihn schwer verletzte, wäre ihr Sohn im Überlebensfall wahrscheinlich wegen Fahrlässigkeit verurteilt worden, sagte Richter Hachtmann den Eltern. Für eine Fremdeinwirkung beim Tod ihres Sohnes habe er keinen Anhalt. Bei einer etwaigen Intrige hätten die unterschiedlichsten Personen beteiligt gewesen sein müssen, unter anderem die Freundinnen der beiden Männer und auch ein Rettungssanitäter. Der habe – wie auch die Freundinnen – ausgesagt, dass er einen Schuss aus einem anderen Raum gehört habe, während er sich im Flur um den schwer Verletzten bemüht habe.

Wie berichtet, waren die beiden Männer allein zu Haus in einer Wohnung in Tangermünde. Als die Frauen frühmorgens vom Tanz nach Hause kamen, fanden sie den 50-Jährigen verletzt vor und riefen den Rettungsdienst. Dann soll ein zweiter Schuss gefallen sein, der den 34-Jährigen tötete. Die Staatsanwaltschaft schloss die Akten, weil für sie feststand, dass es keine Fremdeinwirkung beim Getöteten gab. Auch wenn ein Suizid rechtsmedizinisch wohl nicht eineindeutig war. Daran klammern sich die Eltern, für sie sind viele Fragen offen. Sie haben vor zwei Jahren ihrerseits Strafanzeige erstattet, gegen den Überlebenden. Die Staatsanwaltschaft bestätigte das auf Anfrage. Der Getötete war als Zeitsoldat mehrfach im Auslandseinsatz. Er war Sportschütze und besaß mehrere Waffen – legal und wohl auch illegal, wie sich aus dem Verfahren ergab. Tröstend gab Richter Hachtmann den Eltern mit auf den Weg: „Ihr Sohn war kein schlechter Mensch. Alles spricht dafür, dass er einen Fehler gemacht hat.“

Gegen das Urteil ist Berufung beim Oberlandesgericht Naumburg möglich. Vom Ausgang dieses Verfahrens ist ein weiteres abhängig, in dem Kranken- und Rentenkasse die Eltern auf Zahlung von 160.000 Euro verklagt haben. „Eine Schande, nichts ist geklärt“, kommentierte der Vater das Urteil.