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Handwerk Backen in vierter Generation

Die Bäckerei Wetzel gehört zu den Traditionsbetrieben in Stendal. Max Wetzel lernt den Beruf in vierter Generation.

Von Donald Lyko 15.02.2018, 02:00

Stendal l Auch wenn er lächelnd erzählt, dass schon sein Kinderwagen in der Backstube gestanden hat und dass er ja in einer Bäckerfamilie auf- und damit „so reingewachsen“ ist – ganz so vorgezeichnet war der Weg zum Beruf dann doch nicht. Während seiner Schulzeit an der Diesterweg-Sekundarschule probierte er anderes aus, war Praktikant in einem Kindergarten. Als es im vergangenen Jahr aber konkret wurde mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz, entschied sich der Stendaler nach zweiwöchigem Praktikum für den Bäckerberuf, für eine Lehre im elterlichen Betrieb. „Ich wurde aber nicht gezwungen“, versichert der 17-Jährige.

Dennoch freut sich Vater Marco Wetzel, dass Max diesen Weg gehen möchte, sieht es aber realistisch: „Er probiert es jetzt erst einmal aus und kann immer noch sagen, es macht ihm keinen Spaß.“ Natürlich, sagt er, „freut man sich als Elternteil über diese Entscheidung“. Auch, weil seit Generationen etwas aufgebaut und viel investiert worden sei und man so eine Zukunft dafür sehe. „An so einem Familienbetrieb hängt ja viel Herzblut“, sagt Marco Wetzel, Vater von drei Kindern. Max ist der Älteste im Geschwister-Trio.

Gegründet wurde die Bäckerei Wetzel 1951 in Rochau, doch bald stand der Umzug in die Rieckestraße in Stendal an (heute „Danilo“). Weiter ging es zur Bismarckstraße, Ecke Ostwall. Der Laden dort wurde um ein Café erweitert, ebenso die Filiale an der Breiten Straße. Vor etwa drei Jahren kaufte die Familie das Gebäude am Dahrenstedter Weg (ehemals Lidl-Markt), um eine Bäckerei nach modernem Standard einzurichten. Auch mit einem mobilen Verkaufsstand ist die Bäckerei Wetzel in den Dörfern unterwegs. Das Backhaus an der Stadtseeallee (inklusive Terrasse) hat sich zum beliebten Café-Treffpunkt im Stadtseegebiet entwickelt.

Dass es Max Wetzel keinen Spaß mehr macht, ist bisher nicht der Fall. Der 17-Jährige ist noch immer mit viel Lust und großem Interesse dabei. Dass der Tag für ihn in der Backstube beginnt, wenn seine Freunde sich noch zwei- oder dreimal im Bett umdrehen, sei kein Problem. „Daran gewöhnt man sich schnell. Anfangs war es etwas schwer, aber man muss seinen Rhythmus finden“, sagt der Bäckerlehrling. Zudem biete dieser andere Tagesrhythmus auch einige Vorteile. Max: „So kann ich immer schön Mittagsschlaf halten und habe danach noch was vom Nachmittag und Abend.“ Momentan beginnt der Arbeitstag in der Bäckerei am Dahrenstedter Weg für ihn um 4 Uhr. Wenn er 18 Jahre alt ist, geht es um 2 oder 3 Uhr los.

Max ist einer von derzeit fünf Auszubildenden im Betrieb, von denen vier in der Bäckerei lernen und eine junge Frau im Verkauf. Die Berufsschule besucht der 17-Jährige in Stendal, „aber mir macht die Praxis mehr Spaß“.

Seit Lehrbeginn Anfang August vergangenen Jahres habe er schon sehr viel gelernt. Stichwort Lernen: Während der dreijährigen Ausbildung werden nicht nur Brot und Brötchen gebacken, auch Kuchen, Kekse und einfache Torten gehören dazu, zudem werden Desserts gemacht.

Dass das Bäckerhandwerk mehr ist als nur Arbeit für die Hände, hat schon Marco Wetzel von seinem Vater gelernt: Du musst schmecken und lecken, um zu wissen, wie dein Produkt schmeckt, das du dem Kunden anbietest. Darum gibt auch er dem Bäckernachwuchs mit auf den Weg, den Teig oder zum Beispiel die Cremefüllung zu kosten, Dinge anzufassen, auf deren Aussehen (denn sie werden im Laden präsentiert) zu achten.

Wenn der Chef sagt: „Hier müssen sie was lernen“, dann meint er eben diese vielen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Darauf legt er Wert, weil in dem Familienunternehmen trotz aller Technik noch das Handwerk im Mittelpunkt steht. Dennoch lernt der Bäckernachwuchs heute eher den Umgang mit den Maschinen als den mit dem Rollklotz.

Dass es für Handwerksbetriebe immer schwerer wird, Auszubildende zu finden, weiß auch Marco Wetzel. „Aber bisher hatten wir sehr viel Glück mit den jungen Leuten, die sich für uns entschieden haben“, sagt er.

Einen Sohn-Bonus gibt es in der Backstube übrigens nicht. „Ganz im Gegenteil“, sagt Max, wieder mit einem Lächeln. Gerade weil viele das denken, sei der Anspruch höher. Wie alle Auszubildenden bei Wetzels hat er im ersten Jahr Zeit zum Ankommen, um in Zusammenarbeit mit den Kollegen die Grundlagen des Berufs zu lernen. Ab dem zweiten Jahr kommen dann schon eigenständige Arbeiten hinzu.

Bleibt noch eine Frage: Isst ein angehender Bäcker denn selbst gern Kuchen? „Ja, eigentlich ganz viele Sorten, am liebsten aber Erdbeerkuchen.“