1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Krippenplatzsuche als Odyssee

Kinderbetreuung Krippenplatzsuche als Odyssee

In Stendal ist die Suche nach einem Kita-Platz nicht einfach. Diese Beobachtung hat eine Mutter von Zwillingen gemacht.

Von Volker Langner 28.10.2016, 01:01

Stendal l „Die Suche nach einem Betreuungsplatz führt über Wartelisten, Unmengen von Telefonaten und schlussendlich in die Verzweiflung“, schildert Christin Prothmann ihre Erfahrungen bei der Suche nach einem Krippenplatz in Stendal. Recht launig berichtet sie: „Die Suche nach einer Krippe beginnt oft schon mit dem ersten Ultraschallbild des Kindes, und in unserem Fall hatten wir besonders viel Glück. Zwillinge! Damals lachte ich noch darüber, als ich hörte, ich solle doch gleich mit der Suche nach einer Einrichtung beginnen, denn erst einmal ist man doch zehn Monate schwanger und dann wollte ich ein Jahr zu Hause bei meinen Kindern bleiben. Als wir nach einer gut gelegenen, netten und für uns ansprechenden Krippe suchten, trug ich unsere Kinder noch im Bauch vor mir her.“

Bei zehn Kitas rief Christin Prothmann an – privat oder städtisch geführt, wie sie erklärt – und sei auf Wartelisten gelandet. Als sich drei Monate vor dem ersten Geburtstag ihrer Zwillinge keine Einrichtung gemeldet hatte, habe sich Unruhe breit gemacht. Erneute Anrufe führten zu „ein, zwei, drei Absagen“, so Christin Prothmann, die sich dachte: „Egal, gibt ja noch die städtischen Kindertagesstätten, und die haben auch einen tollen Ruf. Die freundliche Vermittlerin in der Stadt sagte mir, Ende März sei kein Problem.“

Derzeit gibt es zwölf kommunale Kindertagesstätten in Stendal, sechs in der Kernstadt und die andere Hälfte auf Dörfern. Insgesamt verfügen sie über 349 Krippen- und 647 Kindergartenplätze. „Die Belegung ist derzeit nahezu 100 Prozent“, erklärt die Stadtverwaltung auf Volksstimme-Nachfrage. Die Vergabe der Plätze nimmt das städtische Amt für Jugend, Sport und Soziales vor. Dort und im Jugendamt des Landkreises ist auch eine Anmeldung möglich. Und unmittelbar in einer Kita? Mit einem klaren Nein, beantwortet die Stadt die Frage mit Blick auf die kommunalen Einrichtungen.

Damit gebe es auch keine Wartelisten in den Kitas. Aber es gibt eine solche im Fachamt, also dem für Jugend, Sport und Soziales. „Grundsätzlich kann der Bedarf ohne lange Wartezeit bedient werden. Nur wenn eine bestimmte Einrichtung gewünscht wird, gibt es teilweise Wartezeiten“, teilt die Stadtverwaltung mit. Diese Wartezeiten seien in den jeweiligen Einrichtungen unterschiedlich. In der Kernstadt gebe es mitunter Kapazitätsprobleme, aufgrund vieler Wünsche nach bestimmten Einrichtungen.

Auf eine besonders nachgefragte Kita könnte Frau Prothmann ihr Begehr gerichtet haben. Denn aus dem für März in Aussicht gestellten Plätzen wurde es nichts. Die Familie wurde auf Mai vertröstet, dann auf August. „Die Krippensuchsafarie bei allen anderen Trägern blieb auch weiter ohne Erfolg. Am Ende war es uns sogar egal, ob sich die Krippe an Jesus Christus, Johann Pestalozzi oder Pythagoras orientiert. Wir hatten uns in unser Schicksal gefügt, und es wurde dann sogar September bis uns eine Krippe zugewiesen wurde“, so Christin Prothmann.

Doch eitel Sonnenschein herrscht nun keinesfalls. Die Einschätzung von Christin Prothmann: „Die Betreuungspersonen in den Einrichtungen wissen einfach zu wenig. Sie haben zwar Kenntnisse über die sprachliche oder motorische Entwicklung der Kinder, sie haben gelernt, mit welchen Aktivitäten sich Kinder beschäftigen lassen. Aber sie wissen zu wenig über die Kinder selbst. Die Sicht auf das Kind ist in den meisten Einrichtungen noch immer defizitorientiert. Ihre pädagogischen Ansätze beruhen auf einem traditionellen Kollektivismus, der nicht mehr zeitgemäß ist und dazu führt, dass alle Kinder zur gleichen Zeit schlafen und essen müssen und gleichzeitig windel- und schnullerfrei werden sollen.“

Diese Jacke möchte die Stadt sich und ihren Mitarbeitern nun gar nicht verpassen lassen. Sie verweist darauf, dass die Einrichtungen der Hansestadt Stendal nach den Vorgaben des Qualitätsmanagementsystems „Stendaler Modell“ in Kooperation mit der Hochschule Magdeburg-Stendal arbeiten.