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Kreissparkasse Vorstandsgehälter sind wieder Geheimnis

Die Kreissparkasse Stendal führt im Geschäftsbericht 2015 die Vorstandsgehälter nicht auf.

20.09.2016, 01:00

Stendal l Ihr neuer Geschäftsbericht sei nunmehr im Internet unter www.bundesanzeiger.de kostenlos abrufbar, annoncierte die Kreissparkasse Stendal vor gut einer Woche. Eine besonders spannende Zahl fehlt indes im Geschäftsbericht 2015 – die der Gesamtbezüge des Vorstands.

Für das Jahr 2014 hatte das Kreditinstitut diese Zahl erstmals ausgewiesen: 474 000 Euro waren es damals.

Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Jörg Achereiner begründet das auf Volksstimme-Nachfrage so: „Der Grund dafür liegt darin, dass es 2014 insgesamt vier Vorstandsmitglieder gab.“ Ab vier Vorstandsmitgliedern pro Jahr sehe der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV) als Prüfungsverband eine Offenlegungspflicht vor. „Bei nur zwei Organmitgliedern wird dies verneint, da dann aus der Gesamtsumme auf die Einzelvergütung geschlossen werden könnte“, erläutert Achereiner.

Im Jahr 2014 hatte die Kreissparkasse auch jeweils nur zwei Vorstandsmitglieder, allerdings war nach dem Ausscheiden von Achereiners Vorgängerin Kerstin Jöntgen im September für zwei Monate Vorstandsvertreter Markus Gutmann neben Vorstandsmitglied Paul Rodermann aufgerückt, bevor im Dezember Achereiner den Vorsitz übernahm.

Nicht alle Sparkassen halten sich überdies an die Kann-Bestimmung des Verbandes. So weisen in Sachsen-Anhalt die Stadtsparkasse Dessau 458 000 Euro für ihre beiden Vorstandsmitglieder aus, bei der Sparkasse Mansfeld-Südharz sind es insgesamt 599 000 Euro für die beiden Vorstände.

Im Gebiet des OSV wird die Offenlegung sehr unterschiedlich gehandhabt. In Thüringen haben sämtliche Sparkassen die Vorstandsbezüge ausgewiesen, in Brandenburg und Sachsen sind es rund Zweidrittel.

Dies liegt auch an den unterschiedlichen Sparkassen-Gesetzen der Bundesländer. In Nordrhein-Westfalen etwa müssen die Vorstandsgehälter sogar einzeln und samt Extravereinbarungen ausgewiesen werden. So erhielt Achereiners Vorgängerin Kerstin Jöntgen als Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse in Blomberg laut Geschäftsbericht im Jahr 2015 insgesamt 179 000 Euro.

Eine Übersicht hat das Recherchenetzwerk Correctiv auf seiner Seite www.correctiv.org zusammengestellt. Gemeinsam mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und fast 600 Bürgern haben die Rechercheure die Jahresberichte von allen Sparkassen aus dem Jahr 2014 durchsucht. So konnte das durchschnittliche Gehalt der Chefs von 287 der 417 Sparkassen ermittelt werden.

Die Spannbreite des Durchschnittsgehalts eines Vorstandsmitglied reicht laut Correctiv von 88 000 bis 850 000 Euro. Die Kreissparkasse Stendal liegt bei den acht Stufen, in die die Rechercheure auf einer Deutschlandkarte die unterschiedlichsten Verdienste eingeteilt und markiert haben, in der niedrigsten.

Jörg Achereiner wendet sich „nicht gegen eine grundsätzliche Veröffentlichung der Gesamtbezüge aller Vorstandsmitglieder, wenn eine Rückrechenbarkeit auf den Einzelnen ausgeschlossen ist“. Er lege dann jedoch Wert darauf, dass „insbesondere diese Regelung auch branchenübergreifend, speziell für alle Finanzdienstleister einheitlich Anwendung findet“. Die Gehälter der Vorstandschefs der Volksbanken und Raiffeisenbanken etwa werden selten veröffentlicht. „Die meisten Vorstände möchten ihr Gehalt nicht verraten. Das Gehalt sei Privatsache. Wir sehen das anders. Sparkassen nehmen als kommunales Kreditinstitut eine besondere Rolle in unserer Bankenwelt ein“, begründet das Corretiv-Team seine Transparenz-Offensive.

Verbindlich ausgewiesen werden müssen überall die Aufwandsentschädigungen für die vom Kreistag bestimmten Mitglieder des Verwaltungsrates. In Stendal waren dies für die 13 Kommunalpolitiker im zurückliegenden Jahr insgesamt 52 000 Euro (2014: 51 000 Euro).

Auch die Kredite – die überdies nicht zu Sonderkonditionen vergeben werden dürfen – sind im Geschäftsbericht auszuweisen: „Den Mitgliedern des Vorstands wurden Kredite einschließlich zu deren Gunsten eingegangener Haftungsverhältnisse in Höhe von 5000 Euro und den Mitgliedern des Verwaltungsrates in Höhe von 812 000 Euro gewährt“, heißt es hier im Geschäftsbericht für das Jahr 2015.