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Kunstprojekt Luthers Worte werden Licht

Die Stendaler Lichttage nehmen sich diesmal Luther und die Reformation vor. Der Dom wird von Licht-Worten und Schattenspiel erfüllt.

Von Nora Knappe 26.04.2017, 01:01

Stendal l Die Reformation – ein großes Thema, das in glaubensschwachen Regionen wie der Altmark zu Spektakel, Klischee und Mittelalter-Brimborium verführen kann. Doch die Organisatoren der 3. Stendaler Lichttage wollen genau das nicht, sondern sie wollen die Reformation bei ihrem Kern packen. „Wir wollen zur Essenz vordringen und in einem größeren geistesgeschichtlichen Sinne fragen: Was ist Reformation? Was für eine Vorgeschichte hatte sie?“ So umreißt es Herbert Cybulska, der die Lichttage künstlerisch leitet. „Wir“ sind mit ihm das Künstlerduo Detlef Hartung/Georg Trenz, die Künstlerin Sonja Sofia Yakovleva und auch wieder das Theater der Altmark.

Für erste Proben waren Hartung und Trenz Mitte April bereits in Stendal, haben den weiten, hohen Raum des Domes St. Nikolaus mit Licht gefüllt – mit Worten aus Licht. Das Wort „Glaube“ paart sich da in endlosen Buchstabenbändern mit Begriffen wie „Weg“, „Freude“, „Stärke“, „Gefühl“, „Geheimnis“... Es sind Worte aus Luthers Texten und Thesen, Worte, die zen­tral waren in seinem Denken und Leben. „Es geht uns nicht so sehr um die Person Luther“, so Cybulska, „sondern um die Wirkung der Sprache. Seine Zugewandtheit zum Volk und das Zurücklassen von mystischen Weltvorstellungen drückt sich für mich in der Sprache Luthers aus.“

Während im vorigen Jahr profane Bauten wie Tangermünder Tor, Pulverturm, Altmärkisches Museum und Alstom von den flirrenden Illuminationen überzogen wurden, sammelt sich das Kunst-Licht vom 19. bis 21. Oktober also wieder in einem sakralen Raum – wie bei den ersten Lichttagen, als die Marienkirche im Mittelpunkt stand.

Der Dom St. Nikolaus als Sitz des Regionalbischofs und damit einem Zentrum der reformierten Kirche biete sich für das Reformationsthema geradezu an, findet Cybulska. Und: „Der Dom ist in seiner Größe sehr besonders. Er hat seinen ursprünglichen gotischen Charakter behalten und bietet viele schöne Projektionsflächen.“ Die prachtvollen Buntglasfenster würden die Künstler auch gern in ihre Lichtinstallation einbeziehen. „Aber das wäre ein großer Geräte- und Finanzaufwand“, sagt Cybulska, „da sind wir noch am Überlegen.“

Mit Blick auf den Kreuzgarten als weiteren Projektionsraum kann man für dieses Jahr getrost behaupten, dass die Lichttage ihre Schatten vorauswerfen. Denn dort gibt es eine Art Licht-Schatten-Spiel zu erleben. Die Künstlerin Sonja Sofia Yakovleva wird sich mit der Zeit vor der Reformation auseinandersetzen. „Also mit dem Ausgangspunkt, von dem aus der neue Geist die Welt eroberte“, beschreibt es Herbert Cybulska. „Frau Yakovleva arbeitet gern mit Holzschnitten, also mit stehenden, eher archaischen Bildern, die zu den Wortkaskaden von Hartung/Trenz einen Kontrast bilden, der für mich die Zeit des Aufbruchs, den die Reformation ausgelöst hat, angemessen wiederspiegelt.“

Im Gegensatz zu den sehr klanggewaltigen Installationen und Performances im vorigen Jahr würden es diesmal „eher stille Lichttage“ werden, sagt Cybulska. Darein fügt sich auch die Hörcollage des Theaters der Altmark, die im Kapitelsaal des Domstifts eingerichtet wird. Unter dem Titel „Du sollst nicht töten“ werden Textstellen aus Bibel, Koran und Buddha-Überlieferungen gelesen – kontrastiert mit Auszügen aus dem Grundgesetz und der Menschenrechtskonvention. „Wir wollen die Gemeinsamkeiten alter und neuer Schriften aufzeigen“, sagt TdA-Dramaturgin Aud Merkel.