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Leser-Wahl Retter in schlimmer Situation

Der Stendaler Sebastian Soisson rettete drei Kinder vom Balkon einer brennenden Wohnung - ein Kandidat für den "Altmärker des Jahres".

Von Egmar Gebert 25.01.2016, 15:08

Stendal l Es war ein Mittwoch, der 24. Juni 2015, und bis zu diesem Augenblick kurz vor der Mittagspause ein ganz normaler Arbeitstag für Sebastian Soisson (29). Mit einem Kollegen war er dabei, in der Lucas-Cranach-Straße eine Halle aufzubauen. „Ich saß auf dem Dach, als ich das Rufen gehört habe: ‚Hilfe, es brennt‘.“ Das Haus in der benachbarten Albrecht-Dürer-Straße, aus dem der Hilferuf kam, konnte Soisson sehen. „Hilfe, ich habe Kinder, Hilfe“, drang es an sein Ohr, als er die Frau auf dem Balkon im zweiten Stock des Hauses wahrnahm. Und er sah auch, dass die junge Frau ein kleines Kind an der Hand hielt. Aus der Balkontür drang dichter Qualm.

„Da war für mich klar: Ich muss da hin.“ Er sprintete die knapp hundert Meter zum Haus, stand unter dem Balkon der brennenden Wohnung. Soisson riss die Arme hoch, rief: „Komm, wirf!“

Die Frau ließ das Kind über die Brüstung fallen. „Als ich es auffing, bin ich ganz tief in die Knie gegangen, um das abzudämpfen. Der Kleine war schwarz vor Ruß und hat keinen Mucks gesagt. Ich hab ihn in den Arm gekniffen, auf den Rücken geklopft, ihn angepustet. Dann fing er leise zu weinen an. Er atmet, hab ich gedacht und ihn auf den Rasen gelegt.“

Im nächsten Augenblick stand Soisson wieder am Balkon, fing auch die zweijährige Schwester des Babys und dann den ein Jahr älteren Bruder auf. Die Mutter der drei Kinder rettete sich kletternd über zwei benachbarte Balkone.

Um die Kinder kümmerten sich derweil herbeigeeilte Nachbarn. Sebastian Soisson hätte aufatmen können, doch: „Im fünften Stock sah jemand aus dem Fenster. Also bin ich die Treppen hoch. Ein älterer Mann hat mir die Tür aufgemacht. Da waren auch drei Kinder, so etwa fünf bis acht Jahre alt. Ich habe das jüngste auf den Arm genommen, der Mann die beiden anderen an die Hand und dann die Treppen wieder runter.“

Als er vor die Tür trat, waren Feuerwehr und Rettungsdienst bereits im Einsatz. Alles in Ordnung, erfuhr er. „Ich bin dann zurück auf die Baustelle. Erst da kamen die Gedanken. Erschreckend, wie schnell so etwas passieren kann. Wir haben ja selbst ein kleines Kind.“

Die 21-jährige Mutter und ihre drei Kinder haben das Geschehene gesundheitlich gut überstanden.

Über den "Altmärker des Jahres" können Volksstimme-Leser online abstimmen. Das geht über www.volksstimme.de/adj oder via Facebook unter www.facebook.com/vs.altmark.