Prozess geplatzt Nun droht Gefängnis

Nachdem ein Angeklagter einfach nicht zu seinem Prozess vorm Amtsgericht Stendal erschien, droht ihm nun ein Gefängnisaufenthalt.

Von Wolfgang Biermann 20.06.2017, 23:01

Stendal l Weil er im Vorjahr laut Anklage der Staatsanwaltschaft das Stendaler Jobcenter in zwei Fällen um insgesamt rund tausend Euro betrogen haben soll, indem er eine Arbeitsaufnahme nicht oder nicht rechtzeitig gemeldet hat, sollte sich ein gerichtsbekannter Mann aus einem Städtchen an der Elbe unlängst vor dem Amtsgericht in Stendal einfinden.

Doch er, wie auch seine als Zeugin geladene Ehefrau folgten der Ladung nicht. Weil das schon einmal so war, hatte der zuständige Amtsrichter bereits nach dem ersten Fehlversuch Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen, diesen hatte er aber unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Demnach musste sich der Angeklagte wöchentlich in seinem Heimatort bei der Polizei melden. Das tat er auch noch zwei Tage vor seinem Prozess. Dabei versprach er einem Beamten hoch und heilig zum Prozess zu kommen.

Doch das tat er dann doch nicht. Nur eine Jobcenter-Mitarbeiterin erschien als Zeugin vor Gericht. Nach der obligatorischen Viertelstunde Wartezeit bat das Gericht die Polizei um Hilfe. Doch die Beamten stießen bei der Suche nach dem Angeklagten und seiner Ehefrau auf ein leeres Nest, wie sie Stunden später berichteten. Der Vogel war augenscheinlich ausgeflogen.

Sehr kurzsichtig vom Angeklagten, wie die Staatsanwältin zur Volksstimme sagte. Hätte ihn die Polizei vorgeführt, wäre das für ihn ohne weitere Folgen geblieben. Nun aber werde das Gericht den Haftbefehl wieder in Vollzug setzen. Damit komme der Angeklagte in jedem Fall erst einmal ins Gefängnis. Wie lange, das sei offen. Denn ein neuer Prozesstermin am Amtsgericht müsse erst wieder eingetaktet werden. Und das könne dauern.

Einen schriftlichen Strafbefehl zu erlassen, wie es in derartigen Fällen oft üblich ist, sei hier aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Denn das Gericht hatte einen solchen Strafbefehl, wie er von der Staatsanwaltschaft im Vorfeld beantragt worden war, nicht erlassen und könne dies im Nachhinein jetzt nicht auch nicht mehr tun. Es müsse also verhandelt werden. Und so setzte das Gericht den Prozess „von Amts wegen“ auf unbestimmte Zeit aus.

Ein anderer Angeklagter, dem Betrug zur Last gelegt wurde und der nicht zu seinem Prozess erschien, muss demnächst mit teurer Post vom Amtsgericht rechnen. Der Staatsanwalt beantragte einen außergerichtlich zu erlassenden Strafbefehl über 750 Euro Geldstrafe, weil der 2013 schon zweimal wegen Betruges verurteilte 28-Jährige aus einem Ort bei Tangerhütte, im Jahr 2015 auf eBay zweimal für jeweils knapp 300 Euro Spielkonsolen zur Versteigerung eingestellt, aber nach Eingang des Kaufpreises auf seinem Konto den Meistbietenden nicht geliefert hatte.