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Prozessauftakt Wenn der Nachbar zur Hacke greift

Um einen Nachbarschaftsstreit in einer Kleingartenanlage im Nordosten von Stendal ging es am Amtsgericht.

Von Wolfgang Biermann 18.10.2016, 18:30

Stendal l Ein Rentner (75) soll demnach einen 64-jährigen Kontrahenten erst in den Rücken getreten und dann eine Hacke in die Höhe gehalten haben, um damit möglicherweise zuzuschlagen. An seinem vermeintlichen Vorhaben soll der Mittsiebziger aber von einem anderen Nachbarn gehindert worden sein. Versuchte gefährliche Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs, so lautet die Anklage.

Bei dem schon länger schwelenden Streit soll es um Wegerechte und die Zuleitung von Strom und Wasser gehen. Zum Geschehen am 18. März, wie es sich aus Sicht des Angeklagten zugetragen hat:

Das spätere Opfer und ein zweiter Nachbar hätten sich an einem Elektroverteiler zu schaffen gemacht. Der stünde wohl auf dem allgemein zugänglichen Weg. Um an den Kasten zu kommen, habe sich der 64-Jährige jedoch auf sei-

nem Grundstück hingekniet. Zuvor hätte er das Innenleben des Kastens fotografiert, behauptete der Angeklagte. Angeblich hätte es dann ein von den Nachbarn ausgehendes Wortgefecht gegeben. Auf Nachfrage des Richters räumte er ein, dass er den Knieenden in den Rücken getreten, nicht nur geschubst habe. Den zweiten Teil des Anklagevorwurfs bestritt der 75-Jährige in Gänze. Mit einer Hacke hätte er keinesfalls zuschlagen wollen. Im Übrigen sei es keine Hacke, sondern eine Harke gewesen. Und die hätte bei der Auseinandersetzung am Zaun gelehnt.

Das wiederum bestritt das 64-jährige Opfer in seiner Zeugenaussage. Es sei eindeutig eine Hacke und keine Harke gewesen. Und der Angeklagte habe sie wie zum Schlag erhoben gehabt. Außerdem habe er sich selbst zu keiner Zeit auf dem Grundstück des Angeklagten befunden. Es stimme wohl, dass er fotografiert habe, um die Schäden im Elektroverteiler dokumentieren zu wollen. Verbale Auseinandersetzungen hätte es an jenem Tag aber nicht gegeben, so der Zeuge. Bei der Prozessfortsetzung am 3. November soll nun unter anderem der zweite Nachbar als Zeuge aussagen.

An dem Geschehen hätten „alle Parteien ihre Aktien“, sagte der Verteidiger des Angeklagten. So sei es „nur Zufall“, dass sein Mandant auf der Anklagebank sitze: „Hier könnten auch alle anderen sitzen.“ Eine friedliche Lösung mittels Streitschlichter scheint nicht mehr möglich. Der Angeklagte, der am Tattag übrigens selbst die Polizei gerufen hatte, hat auch Anzeige erstattet – gegen das Opfer. Doch die Staatsanwaltschaft habe ihn auf den „Privatklageweg verwiesen“, gab der Richter bekannt. „Ich befürchte, da passiert noch mal was“, schloss er den Prozessauftakt.