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Prozessbeginn 52-Jähriger entblößt sich vor Kindern

Weil er sich mehrfach vor Kindern entblößt haben soll, steht ein 52-jähriger Stendaler seit 17. Oktober vor Gericht.

Von Wolfgang Biermann 17.10.2016, 23:01

Stendal l Die Staatsanwaltschaft legt dem derzeit in einem Heim im Landkreis Wittenberg lebenden Angeklagten zur Last, im Zeitraum vom 12. bis 13. Juni vorigen Jahres nahe des ehemaligen Hubschrauberlandeplatzes an der Wendstraße Hose und Unterhose heruntergelassen zu haben, um im möglichen Zustand der Schuldunfähigkeit sexuelle Handlungen vor den Kindern zu begehen. Die Anklage lautet auf vorsätzlichen Vollrausch, worin in diesem konkreten Fall der sexuelle Kindesmissbrauch eingeht. Der 52-Jährige, der sich schon einmal wegen eines ähnliches Vorwurfs verantworten musste, befristet im Maßregelvollzug untergebracht war und auch sonst schon mehrfach mit der Justiz zu tun hatte, leugnet die ihm zur Last gelegten Taten nicht.

Er könne sich aber nicht daran erinnern, sagte er gestern beim Prozessauftakt. „Wenn das so gewesen ist, möchte ich mich dafür entschuldigen – es tut mir leid.“ Laut dem vom Gericht verlesenen Polizeibericht hat ein besorgter Vater am Abend des 14. Juni 2015 den Notruf gewählt. Sein Sohn sei vom Spielen nach Hause gekommen und hätte von dem Entblößer berichtet. Die Polizei stellte den Angeklagten daraufhin noch in Tatortnähe fest, vernahm ihn und ließ ihn pusten. 3,25 Promille zeigte das Atemalkoholtestgerät an. Er selbst soll zu den Beamten gesagt haben, dass er nur uriniert hätte. Um den Kindern eine gerichtliche Aussage zu ersparen, zeigten sich alle Prozessbeteiligten, auch der Angeklagte, damit einverstanden, dass deren vor der Polizei gemachten Aussagen verlesen werden.

Und so verlas Richterin Juli Rogalski die Aussagen von drei Elfjährigen und von einem 15-jährigen. Sie bestätigten allesamt die Tatvorwürfe, wobei drei von ihnen der Vorname des Angeklagten bekannt war. Auf Fotos bei der Polizei hatten sie ihn zudem wiedererkannt. Während die drei Elfjährigen angaben, dass das ganze Geschehen wortlos ablief, soll der 52-Jährige einer zweiten Gruppe, zu der der 15-Jährige gehörte, zugerufen haben „Wollt ihr mal anfassen?“ Das sei „ekelig“ gewesen, hieß es dazu in der Aussage des Neuntkläss- lers.

Alle vier Jungen bestätigten, dass der Angeklagte Bier trank und auch noch welches dabei hatte. Der gerichtspsychiatrische Sachverständige Dr. Stephan Pecher sagte in seinem Gutachten, dass die Taten maßgeblich auf den Alkoholkonsum zurückzuführen seien. Allerdings entbehre das Geschehen auch nicht einer „gewissen Zielstrebigkeit“. Der Facharzt für Psychiatrie sah eine „erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit“ als gegeben an, die im Alkohol begründet sei.

Würde der Angeklagte abstinent und dazu in einem Wohnheim oder im Betreuten Wohnen leben, würde das Risiko einer Wiederholung derartiger Taten wahrscheinlich gering sein. Dann bräuchte der unter Betreuung stehende Angeklagte, der als eines von mehreren Geschwistern in Kinderheimen aufwuchs, auch nicht unbedingt eine Suchttherapie. Ohne Erfüllung dieser Voraussetzungen, wäre laut Dr. Pecher die Unterbringung in einer bis zu zwei Jahre währenden Alkoholtherapie im Maßregelvollzug aber angebracht. Ein Risiko bliebe aber trotzdem.

Am Donnerstag soll das Urteil gesprochen werden.