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Gelbe TonneRechnung über 1993,50 Euro

Der Stendaler Hausverwalter Thomas Larek soll für Müll-Kontrolle der Firma Cont-Trans blechen.

Von Bernd-Volker Brahms 02.12.2016, 18:58

Stendal l Der Stendaler Hausverwalter Thomas Larek kann sich derzeit vor Medienanfragen kaum retten. Zu absurd sind die Vorgänge, die der 48-Jährige derzeit im Zusammenhang mit der Gelben Tonne erlebt.

Gerade erst ist dem Stendaler die nächste Mahnung von der Tangerhütter Firma Cont-Trans ins Haus geflattert. Inklusive Mahngebühren soll er die stolze Summe von 1993,50 Euro dafür bezahlen, dass die Firma seinen sogenannten Leichtsverpackungsmüll kontrolliert hat. „Beim ersten Schreiben dachte ich noch, dass ist ein Witz“, sagt Larek. Aber lachen kann er über Cont-Trans und dessen Mitarbeiter Norman Mattke schon lange nicht mehr. Vielmehr steht Larek mit Mattke mittlerweile vor Gericht. Der Systembeauftragte, wie sich Mattke nennt, hat den Stendaler vor das Landgericht Stendal gezerrt, weil dieser Fotos gemacht hatte, während Mattke und Cont-Trans-Mitarbeiter in seinem Müll wühlten. Auch die in einem Zeitungsartikel getätigte Äußerung „Stasi-Methoden“ wurde von dem Firmenmitarbeiter juristisch angegangen (die Volksstimme berichtete).

Larek seinerseits hat Mattke wegen Urkundenfälschung und Identitätsmissbrauch angezeigt. Mattke war unter dem Namen eines ehemaligen Cont-Trans-Mitarbeiters als „Herr Winter“ aufgetreten. Dies bestätigte Detlef Leppin, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Havelberg, der Volksstimme. Er habe Mattke mit der Tatsache konfrontiert, sagt Leppin. Dieser habe sinngemäß gesagt: „Wenn man permanent Morddrohungen erhält, dann muss man sich Alias-Namen zulegen.“

Es rumort gewaltig, auch in der Kreispolitik und im Landratsamt ist man mittlerweile der Verzweiflung nahe, bis an welchen Punkt es bei der Entsorgung der Gelben Tonne im Landkreis innerhalb der vergangenen fast zwei Jahren gekommen ist. An immer mehr Stellen werden Gelbe Tonnen einfach nicht mehr abgeholt. Mit Wohnungsgesellschaften wurden Zusatzverträge mit der Cont-Trans gemacht, weil diese sich offensichtlich den größten Ärger mit der Entsorgungsfirma vom Hals schaffen wollten. Ein Informant aus dem Bereich, der ungenannt bleiben möchte, spricht von „erpresserischen Methoden“, da den Großvermietern unverhohlen mit der Nichtabholung von Tonnen gedroht worden sei. Die Rechtmäßigkeit der Zusatzverträge ist strittig, da das Duale System Deutschland (DSD) und damit die ausführende Firma Cont-Trans zur kostenlose Abholung des Mülls verpflichtet ist. Cont-Trans spricht dagegen von „privatwirtschaftlichen Angeboten“.

Nach Informationen der Volksstimme wird derzeit im Auftrag des Landkreises eine Rechts-Studie erarbeitet, in der geklärt werden soll, welche Verantwortung beim Landkreis, welche beim DSD und welche bei der ausführenden Firmen liegt. Ein Vermittlungsgespräch beim Landesverwaltungsamt in Halle war im August ganz offensichtlich gescheitert.

Im Hauptausschuss am Donnerstag sprach Helga Paschke (Linke) Landrat Carsten Wulfänger (CDU) auf die Studie an. Wulfänger wollte darauf nicht eingehen und verwies auf den nichtöffentliche Teil der Sitzung. Dort gab es dann eine engagierte Diskussion, wie ein Teilnehmer die Atmosphäre beschrieb. Paschke hatte zuvor für die Kreistagssitzung in der kommenden Woche ein Papier angekündigt, das sie mit „Konsequenzen aus der Akteneinsicht“ überschrieben hat. Sie und einige andere Kreistagsmitglieder hatten sich sieben Ordner Korrespondenz zur Gelben Tonne im Landratsamt zu Gemüte geführt. Paschke sieht Handlungsbedarf. Sie möchte wissen, welche Funktion der Landkreis „bei dem anhaltenden Drama“ hat. Es gebe in erheblichem Maße ungeklärte offene Diskussionspunkte und Unstimmigkeiten zwischen den Beteiligten. Dazu gehört unter anderem auch die Frage nach der Zulässigkeit von Zusatzverträgen und die Zahl der tatsächlich bereitgestellten Tonnen. Nach bisher veröffentlichten Informationen sollen es 45 000 im Landkreis sein.

Thomas Larek wartet indes auf den Ausgang seines juristischen Verfahrens und möchte Klarheit. „Ich mache das hier nicht, weil ich ins Fernsehen will.“ Die Geschichte ist aber so hoch gekocht, dass sich nach Bild-Zeitung und Stern-TV noch zwei Fernsehsender und ein paar Zeitschriften bei ihm gemeldet haben.