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Schönheit Den Körper so annehmen, wie er ist

Der Film "Embrace - Du bist schön" setzt sich mit vermeintlichen Schönheitsidealen auseinander. Die Kinobesucher in Stendal sind berührt.

Von Anne Toss 22.05.2017, 19:19

Stendal l „Nicht perfekt“, „Durchschnittlich“, „Widerlich“ – als Taryn Brumfitt, Fotografin aus Australien, Frauen bat, mit einem Wort ihren Körper zu beschreiben, erhielt sie unter anderem diese Antworten. Warum mögen viele Frauen ihren Körper nicht einfach so, wie er ist? Um diese Frage dreht sich der Dokumentarfilm „Embrace – Du bist schön“, der trotz einer einmaligen Vorstellung in deutschen Kinos einer der 100 erfolgreichsten Kinodokumentarfilme aller Zeiten ist.

Taryn Brumfitt, dreifache Mutter, postete im Sommer 2013 ein Vorher-Nachher-Bild von sich auf Facebook. Das Foto ihres trainierten Körpers steht dem ihres durchaus korpulenteren Körpers gegenüber. Ihre Botschaft: Liebt euren Körper, so wie er ist. Ihr habt nur diesen einen.

Der Beitrag löste nicht nur eine Welle der Begeisterung im Netz aus, er gab auch den Ausschlag für Brumfitts Reise, die sie über zwei Jahre durch die ganze Welt geführt hat und mit „Embrace“ festgehalten wurde. „Egal, wo ich hinkomme, überall ist Verzweiflung“, sagt Brumfitt in dem Film. Mediale Schönheitsideale, Schlankheitswahn, „Body Shaming“ (abfälliges Gerede über den Körper) – der Film zeigt, wie Frauen an ihrem Äußeren gemessen werden und unter dem Druck leiden, nicht perfekt auszusehen.

„91 Prozent der Frauen hassen ihren Körper“, heißt es gleich zu Beginn. Die Werbeindustrie und Frauenmagazine würden uns ständig mit Bildern von perfekten Menschen konfrontieren. „Wir haben vergessen, wie der Durchschnittskörper überhaupt aussieht“, sagt Brumfitt.

„Ich war nicht groß genug, ich war nicht dünn genug, ich war nicht blond genug – ich war einfach nie genug“, sagt eine Protagonistin. „Embrace“ versucht, diesem Gefühl etwas entgegenzusetzen. Nicht mehr ständig über den eigenen Körper nachdenken zu müssen. Ihn als Instrument und nicht als Schmuckstück zu sehen.

Bis dahin dürfte es allerdings noch ein weiter Weg sein. Als die US-amerikanische Schauspielerin Ricki Lake gefragt wird, wie es wäre, wenn sie ein Leben führen würde, ohne sich Gedanken über ihr Gewicht oder ihren Körper machen zu müssen, fällt ihre Antwort so aus: „Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie sich das anfühlen würde.“

Kinobesucherin Jana Feißel aus Käthen sieht es ähnlich. „Der Gedanke ist eine schöne Idee, aber in gewisser Weise auch utopisch.“ Sie hat gemeinsam mit ihrer Mutter Birgit Feißel und Freundin Kerstin Siedentop den Film angeschaut. „Da ich zurzeit schwanger bin, beschäftigt es mich sehr, wie ich aussehe und wie es danach sein wird“, sagt Jana Feißel. Ihre Mutter habe sie deshalb auch zum Kinobesuch animiert. „Alle sagen, das geht schon wieder weg, du siehst wieder so aus wie vorher. Aber man selbst sieht das natürlich anders“, sagt Feißel und lacht.

„Den Film müsste man eigentlich schon in der vierten Klasse zeigen“, sagt Kerstin Siedentop. „Die Kinder müssen einfach ein anderes Selbstbild bekommen.“ Und Birgit Feißel fügt an, was sie selbst nach Jahren realisiert hat: „Es gibt wichtigere Dinge im Leben, als schlank zu sein.“

 Der Film wurde am 11. Mai einmalig in ausgewählten Kinos gezeigt. Das Stendaler Uppstall Kino reagierte allerdings auf die Nachfrage und zeigt „Embrace“ erneut an folgenden Tagen: Dienstag, 23. Mai, um 18.30 Uhr und Mittwoch, 24. Mai, um 17.40 Uhr.