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Stendaler Idee Boulettentraum wird wahr

Michael Rittmanns Traum wird wahr: Ab 2017 wird eine Boulette nach der Rezeptur des Stendalers deutschlandweit vertrieben.

Von Thomas Pusch 31.12.2016, 00:01

Stendal l Die Boulette ist für Michael Rittmann mehr als nur eine Mischung aus Hackfleisch, Zwiebeln, Gewürzen und anderen Zutaten. Fast könnte man sagen, sie ist ihm heilig. So nagelte er im Herbst 2015 seine Bouletten-Thesen an die Stendaler Rathaustür. Im selben Jahr stellte er seine Bouletten-Bibel auf der Frankfurter Buchmesse vor. Die Verbindung zur Religion ist ganz einfach herzustellen. „Die Boulette ist mit den protestantischen Hugenotten, die aus Frankreich geflohen sind, weil dort der Katholizismus die einzige erlaubte Religion war, nach Deutschland gekommen“, erklärt der 49-Jährige im Gespräch mit der Volksstimme. Boulette ist das französische Wort für Kügelchen. Bereits 1686 soll sie erstmals in Magdeburg gebraten worden sein.

Und im kommenden Jahr, wenn 500 Jahre Reformation gefeiert werden, wird ein Traum Rittmanns wahr. Zwei Jahre lang hat er daran gearbeitet, die Boulette nach seinem Rezept in deutsche Supermärkte zu bekommen. „Die jetzigen Fertigbouletten sind doch abscheulich“, meint er. Zahlreiche Klinken musste er zunächst einmal putzen. In einer der größten Fleischwarenfabriken, Könecke aus Bremen, fand Rittmann einen Interessenten. Vertrieben werden sie über einen ebenfalls nicht gerade kleinen Partner: Edeka-Minden. Vier verschiedene Geschmacksrichtungen werden im Angebot sein: naturell, mediterran mit Schafskäse, Kräuter und pikant mit Chili.

Losgehen soll es im Februar, begleitet von einer Pilgertour, bei der Rittmann sein Produkt vorstellt und Tipps für die gute Boulette gibt. „Eine gute Boulette muss raffiniert sein. Sie darf nicht vordergründig nach Fleisch schmecken, die Gewürze müssen harmonieren. Es muss einfach die Liebe beim Zubereiten herauszuschmecken sein“, lautet die ganz einfache, aber doch nicht leichte Gebrauchsanweisung.

Die Tour beginnt in Stendal, führt dann nach Berlin und von dort aus Richtung Westen an über 20 weitere Standorte. Mit im Gepäck wird Rittmann dann auch den Boulettentraum haben. Das ist die von ihm kreierte Gewürzmischung. Derzeit wird sie noch im kleinen Maßstab vertrieben, aber auch dafür hat Rittmann einen großen Partner gefunden, wiederum einen von Europas größten in der Branche. Die Firma Fuchs aus Dissen am Teutoburger Wald wird die strenggeheime Rezeptur in zwei Varianten produzieren, „Boulettentraum“ für den Endverbraucher und „Bouletten superfix“ für die Industrie.

Zum Abschluss des Gesprächs zieht Rittmann noch ein weiteres Ass aus dem Ärmel: „Bouletti“ heißt das Produkt in dem Glas, das er auf den Tisch stellt. „Der erste Boulettenbrotaufstrich in diesem Universum“, verkündet er stolz. Herstellung und Namen hat er sich patentieren lassen. Die Idee, die dahintersteckt: „Wenn man abends eine Boulette übrighat und über Nacht in den Kühlschrank stellt, riecht am nächsten Tag der ganze Kühlschrank nach Boulette oder die Boulette schmeckt nach Kühlschrank“, erklärt er. Bouletti wird ohne Konservierungsstoffe hergestellt, ist aber über mehrere Monate haltbar, da es hitzebehandelt, praktisch wie Marmelade eingekocht wird. Der Brotaufstrich wird auch bei Edeka im Regal stehen.

Aber Michael Rittmann denkt schon weiter. „Wenn ich mir die Epas (Einmannpackung, Anm. d. Red.) bei der Bundeswehr ansehe, kann ich nur mit dem Kopf schütteln“, sagt er. Garnelen in Sahnesauce, wie er überspitzt formuliert, gibt es zwar nicht, aber Gerichte wie indische Reispfanne oder südamerikanisches Gemüsechili stehen durchaus auf der Inhaltsliste neben Hartkeksen und Zartbitterschokolade. Die Verpflegung möchte Rittmann mit Bouletti bereichern. „So hätten die Soldaten auch bei Auslandseinsätzen immer ein Stück Heimat im Gepäck“, meint er. Doch zunächst einmal freut sich der Besitzer eines 25 Quadratmeter großen Imbisses („Kleiner Laden, große Ideen“, sagt er) auf die Pilgertour. Und die hat natürlich auch ein religiös anmutendes Motto: „Im Namen des guten Geschmacks“.