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Stiftungswesen Transparenz sollte größer sein

Auch in Zeiten von niedrigen Zinsen sei das Gründen von Stiftungen „in“ sagte Professor Kaschade bei einem Vortrag in Stendal.

Von Bernd-Volker Brahms 25.08.2016, 01:01

Stendal l Die Stadt Stendal habe eine bemerkenswerte Stifterlandschaft, sagte Kaschade am Dienstag bei einem Vortrag über „Das Prinzip Stiftung und die bedeutendsten Stifter Stendals“. Erst nach intensiveren Recherchen sei er darauf gestoßen, dass es in der Hansestadt insgesamt acht Stiftungen gibt. Mit der Schönebeckschen Familienstiftung, die gemäß Testament des ehemaligen Bürgermeisters Bartholomäus Schönebeck im Jahre 1605 gegründet wurde, gibt es hier eine der ältesten heute noch existierenden Stiftungen Deutschlands. Nur wenig jünger ist die Woltersche Familienstiftung von 1619, die ebenfalls noch existiert.

„Stiftungszweck ist die Förderung der Nachfahren“, sagte Kaschade. Erstaunlicherweise hatten die Stifter nicht nur die männlichen sondern ausdrücklich auch die weiblichen Nachfahren im Blick, deren Studium aus den Stiftungen finanziert werden sollte.

„Für beide Stiftungen ist das Stiftungskapital unbekannt“, sagte Kaschade, der kein Problem damit hat, zu sagen, dass das Kapital der H.+H. Kaschade-Stiftung mittlerweile bei 1,2 Millionen Euro angelangt ist. Seit 21 Jahren fördert die Stiftung Internationalität. 1995 hat der heute 76-jährige Hochschulprofessor die Stiftung zusammen mit seiner Frau Hermine gegründet und damit viel bewegen können, wie er sagt.

Er wäre dafür, sagte Kaschade, dass es wie für Dax-Firmen auch für Stiftungen eine Veröffentlichungspflicht der Zahlen geben solle. „Stiftungen werden steuerlich begünstigt, somit ist es auch Angelegenheit des Steuerzahlers“, sagte Kaschade. Insofern sollte es eine größere Transparenz bei Stiftungen geben.

Nichtsdestotrotz gebe es eine Stiftungsaufsicht, die „pingelig genau prüft, ob Geld gemäß des Stiftungszweckes verwendet wird“, sagte Kaschade in kleiner Runde vor zwölf Zuhörern.

In Stendal gebe es mit der Hans-und-Eugenia-Stiftung eine der finanzkräftigsten in Deutschland. Das Kapital beträgt rund 11,6 Millionen Euro, jährlich wird damit musikalischer und wissenschaftlicher Nachwuchs mit einem Betrag von insgesamt mehr als 100 000 Euro gefördert. Die Stiftung des Ford-Managers Hans Jütting (1909-1999), der in Stendal geboren wurde, war 1934 in Baden-Baden gegründet und 1994 in Stendal neu gegründet worden. Der Stiftung ist es zu verdanken, dass die Katharinenkirche wieder aufgebaut wurde und heute als Saal für Kulturveranstaltungen zur Verfügung steht.

Zu den neueren Stiftungen gehört die Altmärkische Bürgerstiftung, die 2011 von 74 Gründungsstiftern ins Leben gerufen wurde und die sich einen „ganz breiten Rahmen“ als Zweck gesetzt hat, um soziales und kulturelles Engagement zu fördern, wie Kaschade berichtet, der dort für die Finanzen mit zuständig ist. Die Stiftung gehöre zu den rund 230 ähnlich gelagerten Bürgerstiftungen in Deutschland.

Hans-Jürgen Kaschade kam in seinem Vortrag zu dem Fazit, dass Stiftungen zu gründen „in“ sei. Auch in Stendal sei noch „Luft nach oben“. Während bundesweit auf 3300 Menschen eine Stiftung kämen, so wären es in Stendal 5250 Bürger. Es gebe zunehmend Menschen, die ein größeres Vermögen hätten, von daher sei auch das Potenzial dafür vorhanden.

Und wenn auch die Zinsen derzeit sehr niedrig seien, so könnte über Aktien eine jährliche Rendite von mindestens vier Prozent erzielt werden, so wie es bei seiner eigenen Stiftung der Fall ist, sagte er.

Er wolle sich künftig mehr auf größere Einzelprojekte konzentrieren, um den Aufwand zu minimieren. Beispielsweise würden die Lichttage, die in diesem Jahr zum zweiten Mal ausgerichtet werden, über fünf Jahre mit je 20 000 Euro unterstützt werden. Auch werde er die Beschäftigungsmöglichkeit von Flüchtlingen weiter unterstützen.

Hausherrin Stephanie-Gerrit Bruer vom Winckelmann-Museum lobte den Referentin dafür, dass er vorgelebt habe, was er sage. Insgesamt sind bereits rund 75 000 Euro unter anderem für das Trojanische Pferd ans Museum geflossen.

Der Vollständigkeit halber sollen hier auch noch die verbleibenden noch nicht genannten Stendaler Stiftungen erwähnt werden: Borghardt-Stiftung Stendal, Adelberdt-Diakonissen Mutterhaus Stendal und die Klaus-Hornickel-Stiftung.